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Mittwoch, 13. Juli 2022

Frauen, an die ich nachts denke

 Autorin: Mia Kankimäki
Erschienen am 16.05.2022
Im btb Verlag
ISBN: 9783442719358
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Mia, Anfang vierzig, hat den Job gekündigt, die Wohnung verkauft, und während andere Familien haben und Sommerhäuser kaufen, denkt sie während zahlloser schlafloser Nächte an Frauen – und das hat nichts mit Sex zu tun, sondern mit der Suche nach dem Sinn des Lebens! Ihres Lebens! Ihre Nachtfrauen – furchtlose Entdeckerinnen, begabte Schriftstellerinnen und leidenschaftliche Künstlerinnen – sind Schutzheilige, die sie um sich versammelt, um sich den Weg weisen zu lassen. Und eines Tages beschließt sie, Ernst zu machen, die Welt zu bereisen und den Spuren ihrer Nachtfrauen wirklich zu folgen – Karen Blixen nach Tansania, Sei Shōnagon nach Japan, vergessenen Renaissance-Malerinnen nach Florenz. Denn wenn diese Frauen es vor Hunderten von Jahren in die Welt geschafft haben, warum sollte Mia das dann nicht auch können?"
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Dieses Buch hat meinen gesamten Rezensionsplan durcheinander geworfen. Es ist keine leichte Lektüre, einfach mal hundert Seiten am Stück zu lesen, wie das für mich bei anderen Büchern leicht möglich ist, ging hier nicht. Spätestens nach 20 war mein Kopf so voll, dass ich pausieren und nachdenken musste. Deswegen habe ich mich mit diesem Buch auch um einiges länger beschäftigt, als ursprünglich geplant.

In diesem Buch geht es um exakt das, was im Titel angekündigt wird. Die Autorin schreibt über die Frauen, an die sie nachts denkt und warum sie an sie denkt. Da sind Weltreisende wie Nelly Bly dabei, Renaissancemalerinnen wie Artemisia Gentileschi und auch die moderne Künstlerin Yayoi Kusama. Der erste Abschnitt über die Weltreisenden war der längste, der Abschnitt über die Künstlerinnen der für mich interessantere. Die Autorin skizziert die Leben ihrer Heldinnen und gleichzeitig auch ihr eigenes. Sie versucht auf den Spuren dieser Frauen zu wandern, zum Beispiel durch Reisen nach Afrika oder Italien. Das war zu Beginn etwas ungewohnt, gleichzeitig aber auch spannend.

Besonders beeindruckt haben mich Artemisia und Nelly. Artemisia ist die Künstlerin, die das Gemälde "Judith und Holofernes" gemalt hat. Das musste ich im ersten Semester meines Studiums mit anderen Darstellungen derselben Bibelstelle vergleichen und ich war schockiert davon, wieviel Blut hier zu sehen ist und dass die Künstlerin sich dazu entschieden hat, Judith mitten im Mord zu malen. Noch dazu war da so viel Entschlossenheit in Judiths Blick. Da war kein Zögern, keine Verwirrung, kein unschuldiger Blick. Judith weiß genau, was sie tut. Das hat mich fasziniert und fasziniert mich auch heute noch. Die Geschichte hinter diesem Bild kannte ich aber nicht.
Nelly Bly wiederum war Journalistin und beschloss für einen Artikel so schnell wie möglich um die Welt zu reisen. Kennt ihr Jules Vernes Roman "In 80 Tagen um die Welt"? Sie wollte schneller sein als der Protagonist dieses Buchs. Und sie hat das geschafft - ohne Gepäck. Diese Frau reiste nur mit Handtasche und Regenschirm um die Welt! Und ich kämpfe damit, mich bei einem Wochenendtrip auf einen Rucksack zu beschränken!

Ich habe eigentlich nur einen Kritikpunkt. Mir ist klar, dass diese Frauen im Leben der Autorin eine besondere Rolle einnehmen. Wie alle haben Held:innen und natürlich wollen wir die nur in einem allerbesten Licht sehen. Trotzdem hätte ich mir bei manchen der Frauen etwas mehr Reflexion gewünscht. Gerade bei Karen Blixen wäre das meiner Meinung nach gut gewesen. Sie hat sich munter am Kolonialismus beteiligt und davon profitiert, hat extrem viele Tiere geschossen und scheint auch insgesamt kein besonders angenehmer Mensch gewesen sein - und trotzdem befasst sich ein guter Teil dieses Buchs mit ihr und das aus einer meiner Meinung nach aus einer Perspektive, die gerne hätte kritischer sein dürfen.

Abschließend muss ich hier fast noch darüber nachdenken, wen ich wohl als meine Nachtfrauen bezeichnen würde, oder? Also, Mary Shelley ist ganz sicher mit dabei und Marie Curie auch. Auf jeden Fall auch Margaret Atwood. Jetzt wohl auch Nelly Bly und Artemisia. Gerade über die Renaissance-Künstlerinnen in diesem Buch musste ich in den letzten Tagen viel nachdenken. So viel, dass ich jetzt dabei bin, eine Reise nach Florenz zu planen. Florenz war ja das Zentrum der Renaissance und noch dazu lebte ja auch Dante dort. Ich könnte dort also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Renaissance-Kunst ansehen und gleichzeitig meine Dante-Sucht weiter füttern.

Mein Fazit? Interessante Lektüre über Heldinnen und wie sie das Leben der Autorin beeinflusst haben.

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