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Donnerstag, 7. Januar 2021

Unorthodox [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Dieses Hörbuch hat mich durch die Anfangsphase meines neuen Jobs begleitet. Eine meiner ersten Aufgaben war es, 30 Skripten zu je 130 Seiten auszudrucken und dann mit Spiralbindungen zu versehen. Allein schon das Ausdrucken der Seiten hat drei Stunden gedauert, dann musste ich bunte Zwischenseiten einlegen, sicherstellen, dass alle Seiten richtig herum daliegen, dann alles lochen, dann ein paar Seiten neu ausdrucken, weil ich sie falsch gelocht habe und schließlich alles binden. Drei Vormittage war ich damit beschäftigt - oder ein Hörbuch lang. Deswegen will ich mich auch gar nicht beschweren, denn bei wie vielen Jobs kann man bitte Hörbücher hören ohne dass es jemanden stört? Und das hier ist das Hörbuch, das mich bei meiner Aufgabe begleitet hat: "Unorthodox" von Deborah Feldman.

Bei diesem Buch handelt es sich um die Biographie der Autorin. Sie wuchs in einer ultra-orthodoxen jüdischen Sekte auf. Bücher sind verboten, von klein auf lernt Feldman, dass sie sich unterordnen muss, weil sie ein Mädchen ist. Kontakt zu Außenstehenden ist unerwünscht, sie lernt, dass ihr Körper etwas Schmutziges ist, für das man sich schämen muss. Nackte Haut zeigen? Unmöglich! Sein Haar zeigen wenn man eine verheiratete Frau ist? Auf gar keinen Fall, da muss eine Perücke her und die muss am besten auch noch mal bedeckt werden. Die Einschränkungen gehen so weit, dass die Mitglieder der Sekte an manchen Tagen der Woche nichts tragen dürfen und aus irgendeinem Grund zählt das Schieben von Kinderwägen an diesem Tag auch zu den verbotenen Aktivitäten. Und in dieser Welt verbrachte die Autorin einen großen Teil ihres bisherigen Lebens. Für mich unvorstellbar! Und auch die Autorin fühlt sich schon als junge Frau nicht mehr wohl in dieser Sekte. Sie erzählt von den Zweifeln, die sich schon in jungen Jahren bei ihr gemeldet haben, von dummen Gerede hinter hervorgehaltener Hand, von geheimen Lektüren und ersten intensiveren Kontakten mit Leuten, die nicht Teil der Sekte sind, bis hin zur Flucht aus dieser Gemeinschaft, gemeinsam mit ihrem Sohn, der damals noch ein Kleinkind war. Die Leser oder Zuhörer bekommen wirklich einen unglaublich tiefen Einblick in ihr Leben, ihre Gefühlswelt und ihr Leid. 

Mich hat es sehr überrascht, wie neutral die Autorin erzählt hat. Klar, sie erzählt von ihrem Leben, da kann man nie ganz neutral sein, aber ganz ehrlich? Ich hätte es auch verstanden, wenn sie in Schimpftiraden ausgebrochen wäre, alle Mitglieder und vor allem die Autoritätsfiguren verflucht hätte und sich danach in Selbstmitleid gesuhlt hätte. Wär zwar dann wahrscheinlich nicht so lesenswert, aber eine absolut verständliche Reaktion. 

Mein Fazit? Eine spannende Biographie, die mich bis zur letzten Minute fesseln konnte.

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