Dienstag, 30. April 2024

Männer töten

 Autorin: Eva Reisinger
Erschienen am 14.8.2024
Im Leykam Verlag
ISBN: 9783701182978
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
»Wer ist Opfer, wer Täter*in?«

Rasant erzählte Utopie eines wehrhaften Feminismus.

Anna Maria lebt ein typisches Großstadtleben: Sie arbeitet in einer hippen Firma, geht am Wochenende mit ihren Freundinnen feiern und hat eine komplizierte Ex-Beziehung. Bis sie Hannes an der Bar eines Nachtclubs kennenlernt. Er ist aus Engelhartskirchen, einem oberösterreichischen Dorf, von dem sie bis dahin noch nie gehört hat. Und ganz sicher rechnet sie nicht damit, eines Morgens mit Hannes in diesem Nest aufzuwachen. Als es doch passiert, lassen die Klischees zunächst grüßen: Kühe, Knödel, Kirchturmglocken. Dann aber bemerkt Anna Maria, dass nicht alles ins Bild passen will. Warum gibt es eine Pfarrerin, obwohl das Dorf katholisch ist? Wie kommt es, dass die Frauen hier viel lauter feiern als anderswo? Wo sind die Männer hin? Und was hat das alles mit Kathrin Glock zu tun?

Eva Reisinger erzählt eine skandalöse Geschichte über Macht, Freundinnenschaft und weiblichen Zusammenhalt in einem ungewöhnlichen Setting. Eine Tour de Force durch dringliche Themen der Gegenwart, voller popkultureller Poesie.

Meine Meinung:
Wisst ihr, was ich hasse? Wenn ein Buch fast allen Leuten in meiner Umgebung gefällt und ich die einzige bin, die damit so gar nichts anfangen kann.

Ein großes Problem hatte ich persönlich leider mit dem Stil. Es gibt hier sehr viele Beschreibungen - aber leider wird dabei kaum das Innenleben der Protagonistin beleuchtet. Sie wirkte auf mich leider bis zum Schluss sehr distanziert zu allem und das finde ich schade - gerade, wenn man sich ansieht, was hier so passiert. Da wär Potential für unglaublich spannende innere Konflikte da, ich habe davon aber leider nicht viel gemerkt. So blieben dann leider auch ihre Motive nur wage. Und das ist schade, denn Anna Maria und ihre Freundinnen stellen hier einige sehr illegale Dinge an, die ich nicht vertiefen werde, weil Spoiler. Doch statt mehr über Anna Marias Innenleben zu erfahren, schien hier der Fokus eher auf den Partys von ihr und ihren Freundinnen zu liegen. Wie gesagt: Da wurde meiner Meinung nach leider eine große Chance verpasst.

Auch blieben die Beschreibungen der Umgebung und der Figuren leider sehr im Klischee stecken. Kann man mögen - ich tue es nicht. Ich bin Tirolerin - mit muhenden Kühen, weiten Feldern und Erklärungen, dass der Dialekt in Oberösterreich so schwer zu verstehen sei, kriegt ihr mich nicht. Damit bin ich aufgewachsen. Das ist für mich normal. Und: Ich bekomme Augenzucken, wenn ich daran denke, mit welchen Dialektworten die Protagonistin hier ach so große Probleme hatte. Die sind wirklich zahm: "Ötan" statt "Eltern". Ob es wirklich genauso geschrieben wurde, weiß ich leider nicht mehr. So wirkte die Protagonistin leider einfach dumm, zumindest meiner Meinung nach. So, als könnte sie minimale Abänderungen von der Standardsprache nicht mehr verstehen. Wenn sie mit dem Beispielwort, das hier genannt wurde, schon Probleme hat, dann sollte sie auch nuschelnde und lispelnde Menschen nicht verstehen können. Der dargestellte Dialekt ist hier wirklich zahm. Ich würde es verstehen, wenn Anna Maria Probleme mit dem Unterschied von "aui" und "oi" hätte oder nicht wüsste, was denn "Fackalar" sind. Oder was "potschad" bedeutet oder "wompat" oder "Bissgurn" oder "Schlampetatsch". Ihr seht, worauf ich hinaus will? Und nein, die Bedeutung dieser Worte bekommt ihr nicht mitgeliefert. Die verschiedenen Tiroler Dialekte sind toll, bieten viele spannende Worte und Redewendungen und wenn ihr diese Worte nicht kennt, habt ihr was verpasst. Viel Spaß beim Googeln!

Auch sehe ich hier leider kein Matriarchat, keine Utopie und keinen Feminismus. In der Realität ermorden Männer Frauen - aber meiner Meinung nach reicht es nicht, den Spieß umzudrehen, um ein Werk feministisch zu machen. Und selbst wenn das reichen würde und das wirklich ein Matriarchat wäre: Es wird hier auf vielleicht zwei Seiten abgehandelt, wie das entstanden ist. Im Alltag merkt man davon (abgesehen von den ermordeten Männern) leider nichts. Und ja, vielleicht könnte man das auch als Satire lesen. Aber das ist halt einfach nicht das, was ich erwarte, wenn im Klappentext das Wort "Matriarchat" fällt.

Ein letzter Kritikpunkt noch: Ich mag es überhaupt nicht, wenn es in Büchern zu Markennennungen kommt und halte es für zumindest problematisch, wenn popkulturelle Anspielungen genannt werden. Hier wird zum Beispiel eine Szene beschrieben, in der Haftbefehl zu rappen beginnen würde, wenn das ein Film war. Da hatte ich schon nur eine grobe Vorstellung, wie das sein könnte, weil ich (Deutsch-) Rap zu großen Teilen verweigere, in ein paar Jahren wird man sowas nicht mehr wirklich verstehen können. Außerdem hatte ich manchmal das Gefühl, dass diese Anspielungen eine Beschreibung der Stimmung oder Emotionen ersetzen sollten. Für mich persönlich hat das leider nicht funktioniert.

Mein Fazit? Dieses Buch war leider nichts für mich. Schade.

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