Samstag, 25. Januar 2025

Eine Bonnie kommt niemals allein [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Habt ihr schon mal abseits von Krimis und Thrillern von einer dissoziativen Identitätsstörung gehört? Ich muss ja gestehen, dass ich sicher bis ich 14 oder 15 Jahre alt war, nicht wusste, dass es diese Erkrankung wirklich gibt. Ich hielt das einfach für eine Erfindung der Medienindustrie und habe das in diesem Alter auch noch nicht wirklich hinterfragt. Dann habe ich aber eine Doku über eine Person mit eben dieser Krankheit gesehen - und nur wenig später fand meine Thriller-Phase ihr Ende. Denn plötzlich entdeckte ich überall Täter mit multiplen Persönlichkeiten, wie es in diesen Büchern oft noch genannt wird oder zumindest zu diesem Zeitpunkt genannt wurde. Und das fand ich mies, immerhin ist es in der Realität ja genau umgekehrt: Menschen mit einer DIS wurden Opfer schwerster Gewalt, und das bereits in der frühen Kindheit. Irgendwie also pervers, dass diese Personen nun in verschiedenen Medien als Täter*innen gezeigt werden.

Auch die Bonnies haben diese Erkrankung. Als Leserin erfährt man in diesem Buch nicht warum, denn das halten sie für nicht zielführend. Und das ist auch fair enough, denn: Auch Menschen, die wie die Bonnies in der Öffentlichkeit über sowas aufklären, haben ein Recht auf Privatsphäre. Niemand außer Opfer selbst sollten darüber entscheiden, wie viele Details ihrer Geschichte sie teilen möchten. Selbst, wenn diese Opfer ein Buch über ihre Erfahrungen schreiben. Nicht wir haben das zu entscheiden, sondern nur die Bonnies selbst. Gerade wenn die Täter weiter auf freiem Fuß sind, so wie das hier der Fall ist. Außerdem: Ich bin mir nicht sicher, ob eine detailliertere Beschreibung für uns Leser:innen aushaltbar wäre.

Die Bonnies haben sich hier dafür entschieden, einen ähnlichen Erzählstil wie auch in ihren Instagram-Videos einzuhalten. Dort wechseln sich die verschiedenen Personen, die sich den Bonnie-Körper teilen, ab und erzählen immer aus ihrer Perspektive über die ausgewählten Aspekte. Und so machen sie es auch hier: Mal spricht Ami, mal 46, mal Fiona, mal die kleine Tessa, mal eine von über hundert anderen Personen. Das wird immer klar markiert, was zumindest für mich hilfreich war. Auch wenn man manche Personen wie Tessa nach einiger Zeit von selbst erkennt, wäre mir das mit anderen schwerer gefallen. So werden unterschiedliche Themen aus verschiedenen Perspektiven erläutert: der Weg zur Diagnose, der eigene Umgang mit dem plötzlich geteilten Leben, Reaktionen von außerhalb und innerhalb oder auch, wie denn der "richtige" Umgang mit Menschen mit einer DIS aussehen könnte. So werden viele Themen behandelt, in teils sehr informativen, teils eher emotionalen Kapiteln, die teils sachlich und teils sehr persönlich sind, je nachdem, wer denn gerade vorne ist. Das war einerseits interessant, andererseits fehlte mir durch die Menge an Perspektiven an manchen Stellen ein bisschen der rote Faden. So kam es zu Wiederholungen, die zwar teils wichtig und notwendig sind, an anderen aber aus meinen Augen weniger sinnvoll waren.

Auch wurde hier in Absprache mit dem Verlag die Entscheidung getroffen, die Rechtschreibung und Grammatik gerade der jüngeren Personen so beizubehalten, wie sie es selbst geschrieben haben. Das kann ich so akzeptieren - aber es bedeutet nicht, dass es mich nicht gestört hat, gerade bei längeren Passagen. Berufskrankheit, schätz ich.

Mein Fazit? Eine interessante Autobiographie, der an einigen Stellen etwas mehr Struktur gut getan hätte.

Dienstag, 7. Januar 2025

Blue Sisters [Kurzrezension]


Quelle: Verlag

Habt ihr eigentlich Geschwister? Ich habe zwei und ich liebe sie aus ganzem Herzen. Und die Vorstellung, dass diese beiden oder auch nur einer von ihnen plötzlich nicht mehr da sein könnte, ist der Stoff, aus dem meine schrecklichsten Albträume gemacht sind. Ihr könnt mir also glauben, wenn ich euch sage, dass ich mir zu Beginn gar nicht so sicher war, ob dieses Buch wirklich das richtige für mich ist. Ein Roman über den Tod einer Schwester... will ich das wirklich lesen? Ich bin dann einige Tage lang trotzdem bei der Arbeit immer wieder vor diesem Buch gestanden und hab reingeblättert. Und inzwischen vertraue ich meinem Instinkt gut genug um zu wissen, dass das meistens ein gutes Zeichen ist.

Und verdammt, bin ich froh, dass ich dieses Buch mitgenommen habe. Es geht hier um Avery, Bonnie, Nicky und Lucky – vier Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie vier sind eigentlich recht normale Geschwister. Klar kommt es auch bei ihnen immer wieder zu Reibung, doch sie lieben sich alle und bilden zu viert eine Gemeinschaft, wie sie nur Geschwister kennen. Zumindest war das bis vor einem Jahr so. Doch dann starb Nicky an einer Überdosis Schmerzmittel. Wie wir Leser:innen schnell erfahren, hatte Nicky Endometriose - diese Krankheit hat sie wohl in die Sucht getrieben. Und jetzt, ein Jahr nach ihrem Tod, ist für die hinterbliebenen Schwestern nichts mehr so, wie es sein sollte. Avery ist zwar weiter erfolgreiche Anwältin, doch betrügt ihre Ehefrau und hat wieder mit dem Rauchen begonnen, was für sie als ehemalige Alkoholikerin und Drogenabhängige ein gefährlicher erster Schritt zurück in die Sucht sein könnte. Bonnie, ehemals Boxweltmeisterin, arbeitet nun als Türsteherin in einer Bar und hat alle Träume, die sie je hatte, vor einem Jahr beerdigt. Lucky modelt weiter auf den größten Laufstegen der Welt, hat aber ihren Alkohol- und Drogenkonsum immer weniger unter Kontrolle.

Wie aus meiner Kurzbeschreibung hier schon hervorgeht: Es geht hier um verschiedene Formen der Abhängigkeit und um die Frage, wer denn jetzt Schuld an Nickys Tod hat. Für beide Themen gilt: Wenn ihr denkt, dass ihr damit ein Problem haben könntet, dann lasst die Finger davon. Es geht hier um so schwierige Themen wie die Frage, ob eine der vier Nickys Sucht hätte erkennen können oder sogar müssen. Und ob eine von ihnen irgendwie in der Lage gewesen sein könnte, diese Tragödie zu verhindern. Die Schwestern sparen nicht an Vorwürfen an sich selbst und an die anderen. Trotzdem liest sich das Buch an vielen Stellen leicht und ist nicht zu erdrückend. Hört sich paradox an, ich weiß.

Die Protagonistinnen erzählen vom Umgang mit ihrem Schmerz, vom Aufwachsen in einer von Sucht geprägten Familie, von Flucht und Ankommen. Und ganz groß steht über allem die Frage, was die drei zurückgebliebenen Schwestern denn wirklich von ihrem Leben wollen. 

Ich habe dieses Buch einfach nur verschlungen. Gerade die zweite Hälfte habe ich fast in einem Rutsch gelesen. Was für ein toller Roman für die erste Januar-Woche! Was für ein genialer Start in mein Lesejahr! So darf es gerne weitergehen!

Mein Fazit? Ein klares Highlight! Lest dieses Buch!

Freitag, 3. Januar 2025

Women Living Deliciously [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Dieses Buch habe ich bei einer Verlosung des KiWi-Verlages gewonnen. Ich hätte mir es aber sowieso zugelegt, denn ich mag die bisherigen Bücher der Autorin. "Frauen schulden dir gar nichts" und "Girlcrush" waren zwei Lesehighlights für mich. Dadurch erwartete ich auch großes von diesem Buch. Ich wollte quasi ein "Frauen schulden dir gar nichts 2.0". Bekommen habe ich das leider nicht.

Stattdessen wird hier die Frage behandelt, wie Frauen ein möglichst schönes und zufriedenstellendes Leben führen können. Themen wie Achtsamkeit, Wahrnehmung des eigenen Körpers, Erfahrungen der Autorin mit Depression, Burnout, Überarbeitung und Perfektionismus werden angesprochen, die Autorin gibt Tipps, wie man aus dem Hamsterrad des täglichen Lebens herauskommt. Was ja an sich eine nette Idee ist und durchaus seine Daseinsberechtigung hat. Aber fand ich halt eben nur nett. Nicht revolutionär oder feministisch oder besonders mutig. Von der Autorin erwarte ich aber ungewöhnlich und nichts Vorhersehbares. Keine leeren Floskeln, sondern knallharte Aussagen. 

Ein weiteres Problem war aus meiner Sicht, dass hier der rote Faden fehlte. Klar, es ging um die oben beschriebenen Themen, die grob durch die Kapitelüberschriften strukturiert wurden. Doch die einzelnen Kapitel fließen ineinander, alles wirkte auf mich ein bisschen chaotisch. Da half es auch nicht, dass einige Punkte immer wieder wiederholt wurden. Klar, nochmal: Das darf auch sein. Aber bei mir sorgte das irgendwann für Langeweile. Die letzten paar Kapitel habe ich dann nur noch überflogen.

Zwiegespalten bin ich noch dazu, wie ich die optische Gestaltung dieses Buches finde. Der erste Eindruck war natürlich ein durchaus positiver: Alle Seiten sind bunt, der Stil des Covers wird beibehalten. An verschiedenen Stellen finden sich Illustrationen von Frauen oder von Blumen. Aber irgendwann fühlte ich mich fast ein bisschen erschlagen. Auch halte ich es für eine verpasste Möglichkeit, dass die dargestellten Frauen alle recht ähnlich aussehen.

Des Weiteren sind mir hier so einige Fehler aufgefallen, die wohl im Korrektorat übersehen wurden. Das finde ich vor allem bei übersetzten Büchern sehr schade.

Mein Fazit? Leider bisher das deutlich schwächste Buch der Autorin. Schade.