Quelle: Verlag |
Habt ihr eigentlich Geschwister? Ich habe zwei und ich liebe sie aus ganzem Herzen. Und die Vorstellung, dass diese beiden oder auch nur einer von ihnen plötzlich nicht mehr da sein könnte, ist der Stoff, aus dem meine schrecklichsten Albträume gemacht sind. Ihr könnt mir also glauben, wenn ich euch sage, dass ich mir zu Beginn gar nicht so sicher war, ob dieses Buch wirklich das richtige für mich ist. Ein Roman über den Tod einer Schwester... will ich das wirklich lesen? Ich bin dann einige Tage lang trotzdem bei der Arbeit immer wieder vor diesem Buch gestanden und hab reingeblättert. Und inzwischen vertraue ich meinem Instinkt gut genug um zu wissen, dass das meistens ein gutes Zeichen ist.
Und verdammt, bin ich froh, dass ich dieses Buch mitgenommen habe. Es geht hier um Avery, Bonnie, Nicky und Lucky – vier Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie vier sind eigentlich recht normale Geschwister. Klar kommt es auch bei ihnen immer wieder zu Reibung, doch sie lieben sich alle und bilden zu viert eine Gemeinschaft, wie sie nur Geschwister kennen. Zumindest war das bis vor einem Jahr so. Doch dann starb Nicky an einer Überdosis Schmerzmittel. Wie wir Leser:innen schnell erfahren, hatte Nicky Endometriose - diese Krankheit hat sie wohl in die Sucht getrieben. Und jetzt, ein Jahr nach ihrem Tod, ist für die hinterbliebenen Schwestern nichts mehr so, wie es sein sollte. Avery ist zwar weiter erfolgreiche Anwältin, doch betrügt ihre Ehefrau und hat wieder mit dem Rauchen begonnen, was für sie als ehemalige Alkoholikerin und Drogenabhängige ein gefährlicher erster Schritt zurück in die Sucht sein könnte. Bonnie, ehemals Boxweltmeisterin, arbeitet nun als Türsteherin in einer Bar und hat alle Träume, die sie je hatte, vor einem Jahr beerdigt. Lucky modelt weiter auf den größten Laufstegen der Welt, hat aber ihren Alkohol- und Drogenkonsum immer weniger unter Kontrolle.
Wie aus meiner Kurzbeschreibung hier schon hervorgeht: Es geht hier um verschiedene Formen der Abhängigkeit und um die Frage, wer denn jetzt Schuld an Nickys Tod hat. Für beide Themen gilt: Wenn ihr denkt, dass ihr damit ein Problem haben könntet, dann lasst die Finger davon. Es geht hier um so schwierige Themen wie die Frage, ob eine der vier Nickys Sucht hätte erkennen können oder sogar müssen. Und ob eine von ihnen irgendwie in der Lage gewesen sein könnte, diese Tragödie zu verhindern. Die Schwestern sparen nicht an Vorwürfen an sich selbst und an die anderen. Trotzdem liest sich das Buch an vielen Stellen leicht und ist nicht zu erdrückend. Hört sich paradox an, ich weiß.
Die Protagonistinnen erzählen vom Umgang mit ihrem Schmerz, vom Aufwachsen in einer von Sucht geprägten Familie, von Flucht und Ankommen. Und ganz groß steht über allem die Frage, was die drei zurückgebliebenen Schwestern denn wirklich von ihrem Leben wollen.
Ich habe dieses Buch einfach nur verschlungen. Gerade die zweite Hälfte habe ich fast in einem Rutsch gelesen. Was für ein toller Roman für die erste Januar-Woche! Was für ein genialer Start in mein Lesejahr! So darf es gerne weitergehen!
Mein Fazit? Ein klares Highlight! Lest dieses Buch!
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