Mittwoch, 28. Dezember 2022

The Story of Art Without Men. Große Künstlerinnen und ihre Werke

 Autorin: Katy Hessel
Erschienen am 27.10.2022
Im Piper Verlag
ISBN: 9783492059442
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Wie viele Künstlerinnen kennen Sie? Wer schreibt letztendlich Kunstgeschichte? Haben Frauen vor dem 20. Jahrhundert überhaupt als Künstlerinnen gearbeitet?

Bis in unsere Gegenwart hinein wirkt die Kunst, die über Jahrhunderte hinweg von Männern für Männer gemacht wurde – dieses Buch beweist, wie einseitig dieses Bild ist. Katy Hessel nimmt uns mit auf eine Reise durch die Epochen und zeigt, welch tiefgreifenden Einfluss Künstlerinnen über die Zeit hinweg hatten, welche Pionierarbeit sie häufig leisteten und wie sie verschiedene Stile, Techniken und Strömungen prägten.

Entdecken Sie mit ihr viele Kunstformen, die oft übersehen oder abgetan werden, und zahlreiche aufregende Werke, die an der »Geschichte der Kunst« ebenfalls erheblichen Anteil hatten. So gibt die Autorin unbekannten, vergessenen oder bislang unsichtbaren Künstlerinnen aus aller Welt die Bühne, die sie verdienen.

In diesem Buch entdecken Sie die schillernde Sofonisba Anguissola der Renaissance, die bedeutendste italienische Malerin des Barock Artemisia Gentileschi, das radikale Werk von Harriet Powers in den USA des 19. Jahrhunderts und viele weitere außergewöhnliche Frauen, die bis auf wenige Ausnahmen wie Frida Kahlo oder Paula Modersohn-Becker bislang wenig beachtet wurden. Von der Küste Cornwalls bis Manhattan, von Nigeria bis Japan – dies ist die eine zeitgemäße Geschichte der Kunst. Eine Geschichte, bei der Frauen im Mittelpunkt stehen."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Die Grundidee finde ich großartig. Nicht-männliche Kunst wird bis in die Gegenwart leider oft als Abweichung von der Norm und als ungewöhnlich empfunden. Einzelausstellungen von Frauen findet man bis heute nur sehr selten und von einem queeren Menschen ist mir bisher noch gar keine begegnet. (Falls ihr Empfehlungen habt, immer her damit. Wenn ich dort mit dem Zug gut hinkomme, überlege ich mir gerne mal einen Tagesausflug.) Dieses Buch möchte gegen dieses Ungleichgewicht vorgehen und betrachtet deswegen die Kunstgeschichte mal aus einer ganz anderen Perspektive: Nur weibliche und queere Künstler:innen werden hier vorgestellt, die Männer werden ausgespart, die findet ihr eh in jedem anderen kunsthistorischen Sachbuch. Einige der Künstlerinnen kannte ich bereits: zum Beispiel Frieda Kahlo, Artemisia Gentileschi oder Niki de Saint Phalle. Viele andere waren mir neu.

Der Stil der Autorin liest sich angenehm und ist definitiv auch für Leute ohne einem Abschluss in einem kunstgeschichtlichen Studium geeignet. Das halte ich für eine große Stärke dieses Buchs, denn es ist für eine breite Zielgruppe verständlich und hat so das Potential, gerade auch Menschen zu erreichen, die sonst größere Berührungsängste hätten und sich ein solches Thema vielleicht nicht zutrauen würden.

Schade fand ich aber, dass dieses Buch so unglaublich dicht war. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, weniger Künstler:innen kennen zu lernen und die dafür genauer. Auch hätte ich es gut gefunden, die Künstler:innen auch optisch offensichtlicher von einander zu trennen. Hier passierte der Wechsel von einer Person zur nächsten oft einfach im Fließtext, was zumindest bei mir für Verständnisprobleme und für Irritation sorgte. Allerdings habe ich die eBook-Version gelesen, vielleicht ist das im Printbuch besser gelöst.

Auch mein zweiter Kritikpunkt betrifft nur die eBook-Version, in der gibt es nämlich keine Bilder. Zumindest in der Version, die mir der Verlag für die Rezension zur Verfügung gestellt hat. Klar, da wurde zumindest ich vorgewarnt, für euch wollte ich das aber trotzdem nochmal kurz ansprechen. Vor allem, weil mir nicht klar ist, warum es zu dieser Aussparung kam. Ich fand es schade, dass ich Bilder, die hier angesprochen wurden, immer erst nachschlagen musste, denn so wurde ich ständig wieder aus meinem Lesefluss gerissen. Und ganz ehrlich: Manchmal habe ich mir das Nachschauen dann auch einfach gespart, damit ich auch irgendwann Fortschritte mache.

Mein Fazit? Großartige Grundidee und gut geschrieben, aber leider gibt es meiner Meinung nach Schwächen in der formalen Umsetzung.

Donnerstag, 22. Dezember 2022

Meine liebsten Buchzitate #106

 1. "Du wirst diesen Tag überstehen. Und morgen auch" von Daniel Howell, Seite 47

Ich vermute, wenn du sowohl deine körperliche als auch deine mentale Gesundheit vollkommen im Griff hast, wird irgendwann wie durch Magie dein Bewusstsein transzendieren und als Gehirn der elften Dimension über Raum und Zeit schweben, und aus dem Schläfenlappen werden Laserstrahlen Frieden und Weisheit in die Welt senden ...

2. "Merry Inkmas" von Talia Hibbert, Seite 66 (Kindle Edition)

All this time, she'd been catching the odd ray of his beauty, when all she really needed to do was grow a pair and bask in direct sunlight.

3. "Untouchable" von Talia Hibbert, Seite 29 (Kindle Edition)

Silence fell quite abruptly, because Ruth had nothing else to say and didn't believe in unnecessary words. Hannah wanted to speak, but she was too busy over-analysing everything her sister had just said, and also the part thirty years of her life. You know, the usual.

4. "Heraclius" von Johann Christian Hallmann, Seite 634

Theodosia: Ach, Heraclius! Ach mein liebster Heraclius! Erzeige dich doch nicht länger so grausam gegen diejenige / so dich anbetet! Ach neige zu mir dieses annehmliche Antlitz / oder gib mir mein Hertze wieder / das du mir geraubt hast!

5. "Du wirst diesen Tag überstehen. Und morgen auch" von Daniel Howell, Seite 90

Gut ist auch ein heißes Getränk, das uns dazu zwingt, kleine, genüssliche Schlucke zu nehmen - es sei denn, du bist wie meine Mum, die es in zehn Sekunden von der Teekanne zur Tasse zum Mund und aus der Wohnung schafft. Sei nicht wie sie.

Montag, 19. Dezember 2022

Dracula (Hörbuch/Kurzrezension)

 

Quelle: Overly Sarcastic Productions auf Youtube

Ich habe lang überlegt, ob ich dieses Hörbuch rezensieren soll. Immerhin handelt es sich hierbei nicht um ein klassisches Hörbuch, sondern um mehrere Livestreams auf Youtube, in denen das Buch "Dracula" vorgelesen wird. Ich hab dann aber beschlossen, dass ich euch diesen Schatz nicht vorenthalten kann und will. Immerhin ist Weihnachten und ich bin nicht die einzige Person, die das Einkaufen von Weihnachtsgeschenken für viel entspannender hält, wenn sie gleichzeitig eine gute Geschichte hört. Und "Dracula" ist halt schon so ein Klassiker, den viele Menschen auf ihrer Leseliste haben, auch wenn sie sich sonst nicht wirklich für klassische Literatur begeistern können.

Zuerst mal: Was ist das überhaupt für ein Kanal, der dieses "Hörbuch" aufgenommen hat? Nun, Overly Sarcastic Productions produziert unterhaltsame und einfach verständliche Videos über Mythologie, Literatur und Geschichte, die ich sehr ans Herz legen kann. Ich habe hier viel Neues gelernt und das oft, ohne es wirklich zu merken. Und vor zwei Monaten hat Red vom Kanal dann begonnen, in vier Livestream-Sitzungen diesen Klassiker vorzulesen und damit Geld für einen guten Zweck zu sammeln. Und ich habe das mit viel Begeisterung gehört.

Red hat hier meiner Meinung nach vor allem zwei Dinge gezeigt: Erstens, dass sie Literatur aus ganzem Herzen liebt. Und zweitens, dass sie eine fantastische Sprecherin ist. Es hat mir so viel Spaß gemacht, ihr zuzuhören, dass ich "Dracula" tatsächlich innerhalb weniger Tage durchgesuchtet habe, was ich von diesem Klassiker nicht erwartet habe. Ich hab über "Dracula" zwar nur Positives gehört, aber trotzdem nicht damit gerechnet, dass ich so viel Freude damit habe und ich bin mir sicher, dass die Sprecherin der Hauptgrund für meine Begeisterung war. Ich habe inzwischen sogar die Vermutung aufgestellt, dass Red auch einfach ein Telefonbuch vorlesen könnte und das trotzdem noch unterhaltsam wäre.

Wenn ihr dieses Hörbuch jetzt sofort hören wollt: Go for it! Ich kann es euch nur empfehlen. Beachtet nur bitte, dass das hier kein Hörbuch per se ist, sondern ein Youtube-Livestream. Red geht hier zum Beispiel immer wieder auch auf die Kommentare im Chat ein oder unterbricht sich, um etwas zu trinken, fordert die Hörer:innen dazu auf, etwas an die Organisation zu spenden, die ihr gerade besonders wichtig ist, oder macht sich über die Handlungen und Aussagen der Figuren lustig. All das gäbe es in einem "normalen" Hörbuch natürlich nicht. Mich hat das nicht gestört und ich hatte vor allem auch deswegen viel Spaß damit, ich verstehe aber, wenn das jemanden abschrecken sollte.

Mein Fazit? Normalerweise empfehle ich hier nur "echte" Bücher und Hörbücher, aber dieser Livestream ist einfach so gut, dass ich ihn euch nicht vorenthalten kann!

Freitag, 16. Dezember 2022

Under One Roof. Liebe unter einem Dach

 Autorin: Ali Hazelwood
Erschienen am 11.10.2022
Im Aufbau Digital Verlag
ISBN: B0BCG82M33
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Neues von Ali Hazelwood, der internationalen Bestsellerautorin: eine unwiderstehlich heiße, lustige, feministische Story über eine junge Wissenschaftlerin und ihren Kampf um die Karriere – und die Liebe … 

Mara, Sadie und Hannah sind beste Freundinnen – und als Naturwissenschaftlerinnen leidvoll darin erprobt, sich in männlich besetzten Domänen zu behaupten. Eines wissen sie genau: In Fragen der Wissenschaft – ebenso wie der Liebe – sind es stets die Gegensätze, die die heftigsten Reaktionen hervorrufen.

Insofern sollte gerade eine Umweltingenieurin wie Mara vernünftig genug sein, niemals mit der männlichen Verkörperung all dessen, was sie nicht ausstehen kann, in ein Haus zu ziehen. Dennoch findet sie sich mit dem Mitbewohner aus der Hölle unter einem Dach: dem unausstehlichen Liam, Konzernanwalt und Klimazerstörungs-Lobbyist der übelsten Sorte. Obwohl er nicht nur mithilfe des Thermostats für eisige Verhältnisse in ihrer Zwangs-WG sorgt, gerät Mara schon bald in Gefahr, sich die Finger an ihrem (nervtötend heißen) Erzfeind zu verbrennen. Unkalkulierbar emotionale Folgeschäden nicht ausgeschlossen … 

Die Geschichten von Sadie und Hannah sind in den Storys »Stuck With You – An wem die Liebe hängen bleibt« und »Below Zero – Die unerwarteten Abgründe der Liebe« zu finden, jetzt vorbestellbar. "
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Auf diesen Roman habe ich mich sehr gefreut. Ich mochte alle bisherigen Bücher, die ich von Ali Hazelwood gelesen habe. Vor allem "Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe" hat es mir angetan, mit den spannenden Protagonisten, dem akademischen Kontext und der eindeutigen Freude zur Wissenschaft, die aus diesem Roman sprach. Und genau damit habe ich auch in diesem Roman gerechnet. Gefunden habe ich aber nur eines davon und das auch nicht so richtig, nämlich den akademischen Kontext, der hier aber nur am Rande erwähnt wird. Für mich war dieses Buch eine große Enttäuschung, die mein Vertrauen in die Autorin erschüttert hat und dafür gesorgt hat, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich in Zukunft weitere Bücher von ihr lesen möchte.

Zuerst ein paar Worte zum Inhalt, die im Klappentext nicht ganz klar rauskommen. Dort hört sich Maras Wohnsituation nämlich einfach nach einer Zwangs-WG an, in der sie Pech hatte und deswegen jetzt mit jemandem zusammenwohnt, den sie nicht mag. Passiert, kenne ich auch. Darum geht es hier aber nicht: Mara zieht in ein Haus ein, das sie zusammen mit Liam geerbt hat. Liam lebt dort aber schon seit einer halben Ewigkeit, das ist sein Zuhause und plötzlich steht Mara vor seiner Tür und stellt ihn vor vollendete Tatsachen: Sie hat kein Geld, also wird sie jetzt bei ihm einziehen. Dass Liam sofort versucht, sie mit lächerlich viel Geld auszukaufen und sie damit also nicht ganz so pleite ist, wie sie tut, ignorieren wir an dieser Stelle einfach mal. Ich konnte Liams Frust also nachvollziehen. Ich wäre auch nicht begeistert, wenn vor meiner Tür plötzlich ein völlig fremder Mensch stehen würde und bei mir einzieht. Mara sieht sich aber als Opfer und Liam als schlechten Menschen, was sie ihn auch deutlich spüren lässt. Sie zeigt keine Empathie für seine Situation und macht ihn stattdessen zum Antagonisten ihrer Geschichte. Ganz ehrlich: Ich hatte Mitleid mit Liam. In seiner Haut möchte ich nicht stecken.

Mara war mir über weite Teile des Romans unsympathisch. Wie oben schon erwähnt, tritt sie Liam ohne jede Empathie gegenüber und fühlt sich in ihrer Opferrolle sehr wohl. Hinzu kommt, dass sie schon so um die 30 sein muss, immerhin hat sie bereits einen Doktortitel. Ihr Benehmen passt aber eher zu einer Jugendlichen mitten in der Pubertät. Von "vernünftig", wie sie im Klappentext beschrieben wird, kann da keine Rede sein. Und dass sie Liam als Klimazerstörungs-Lobbyist beschreibt, halte ich für scheinheilig. Sie hält sich für eine Klimaaktivistin, aber in ihrem Handeln merkt man nichts davon, außer dass sie manchmal ein T-Shirt zum Thema trägt. Aber das reicht meiner Meinung nach nicht. Sie lässt sich Essen liefern, dreht den Thermostat bei jeder Gelegenheit voll auf und das nur um Liam zu ärgern, verzichtet nicht auf tierische Produkte, nichts. Man merkt ihr ihre Überzeugungen nicht an, es spielt nur dann eine Rolle, wenn sie andere Menschen und vor allem Liam schlechtmachen will. Und außer ihrem "Umweltaktivismus" und ihrem Hass gegenüber Liam hat Mara nicht wirklich viele andere Charaktereigenschaften. Sie hat keine Tiefe, sondern wirkte auf mich eindimensional.

Ich war außerdem empört darüber, hier in diesem Roman mehrfach Product Placements finden zu müssen. Sowas geht einfach nicht, nie. Ich habe mich sehr geärgert darüber, dass hier zum Beispiel konkrete und real existierende Shampoomarken genannt werden, ohne dass das irgendwas zum Inhalt des Romans beiträgt.

[Spoiler]
Unangenehm zu lesen war meiner Meinung nach auch die Sexszene dieses Buchs. Die meisten von euch kennen meinen Buchgeschmack und wissen, dass ich mich normalerweise nicht über sowas beschwere. Hier aber leider schon, denn diese Szene war mir einfach unangenehm. Mara macht im Laufe des Buches mehrfach klar, dass sie nicht wirklich Interesse an Sex und Dating hat. Voll in Ordnung, ich bin auch für Protagonist:innen auf dem Spektrum der Asexualität oder der Aromantik offen. Und auch Liam scheint Teil dieses Spektrums zu sein, was er während dieser Szene auch deutlich macht. Beide scheinen also nicht viel Interesse an Sex zu haben oder, in Liams Fall, Sex nicht wirklich zu mögen. Deswegen wäre mir hier ehrlicherweise auch ein klärendes Gespräch lieber gewesen, vielleicht auch gemeinsames Kuscheln oder ein Kuss, falls die Figuren dafür mehr Begeisterung aufbringen können. Doch keiner der beiden Protagonisten scheint glücklich über den Sex zu sein, was bei mir die Frage aufwirft, warum diese Szene überhaupt eingebaut wurde.

Mein Fazit? Schade, aber dieses Buch war für mich sehr enttäuschend.

Dienstag, 13. Dezember 2022

Merry Inkmas [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

In weniger als zwei Wochen ist Weihnachten und ich glaube, wir alle wissen, was das bedeutet: Wir befinden uns in der sehr kurzen Zeit des Jahres, in der es sich für mich nicht seltsam anfühlt, weihnachtliche Bücher zu lesen. Also dachte ich mir, dass ich das dieses Jahr auf jeden Fall ausnutzen muss und hab mir Talia Hibberts Weihnachtsroman "Merry Inkmas" runtergeladen.

In diesem Roman geht es um Bailey und Cash. Bailey ist eine junge Frau, die gerade ihren Job als Barista in einem Kaffeehaus verloren hat. Cash, der dazu beigetragen hat, dass sich der Konflikt zwischen Bailey und Cash erst so hochschaukelt, fühlt sich deswegen schuldig und bietet ihr deswegen eine Stelle als Sekretärin in seinem Tattoostudio an. Deswegen und weil er seit mehreren Monaten in sie verliebt ist...

Viel mehr kann ich eigentlich nicht über diesen Roman erzählen, denn alles, was später kommt, ist meiner Meinung nach bereits ein Spoiler. Dieser Roman ist "nur" ein Kurzroman und lässt sich sehr schnell lesen - deswegen passiert viel der Handlung schon sehr früh, was es mir erschwert, den Inhalt zusammenzufassen. Auch die Beziehung zwischen den Figuren entwickelt sich schneller als es normalerweise bei Talia Hibbert der Fall ist und wir lernen schneller ihre inneren Dämonen kennen. Das war für einen Kurzroman total in Ordnung, aber ich bin froh, dass sich Talia Hibberts Geschichten normalerweise weniger schnell sind. Sonst wäre sie wohl kaum eine meiner Lieblingsautorinnen.

Bailey und Cash sind sehr interessante Figuren und vor allem Bailey habe ich schnell ins Herz geschlossen. Für Cash brauchte ich etwas länger, da er doch eine harte Schale hat, die er gegenüber von Bailey auch nicht gleich abstreift. Allerdings hat er dafür auch eine gute Entschuldigung für sein kühles Verhalten, die ich hier noch nicht ansprechen werde, da das erst gegen Ende des Buchs aufkommt. 

Wie wir es von Talia Hibbert kennen, spricht sie auch in diesem Roman wichtige gesellschaftliche Themen an. In diesem Fall schreibt sie auch über Obdachlosigkeit, wie sie aussehen kann und welche Gründe es dafür geben kann. Obdachlosigkeit ist auch in Österreich ein Problem, auch wenn es gerade auf dem Land nicht so sichtbar ist und in der Stadt von der Politik gerne verdrängt wird. Und gerade im Winter kann Obdachlosigkeit auch schnell lebensgefährlich werden. Ich weiß nicht, wie kälteresistent ihr seid, aber für die meisten Menschen ist es nicht gesund bei Temperaturen unter 0 °C draußen zu schlafen. Seid also bitte alle so lieb und speichert euch die Nummer des Kältetelefons der Caritas ein. Dort anzurufen, wenn ihr den Schlafplatz einer Person seht, kann Leben retten.

Mein Fazit? Eine schöne Weihnachtsgeschichte über ein wichtiges Thema. Meiner Meinung nach nicht der beste Roman der Autorin, aber trotzdem gut.

Samstag, 10. Dezember 2022

Mary

 Autorin: Anne Eekhout
Erschienen am 21.09.2022
Im btb Verlag
ISBN: 9783442759873
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag


Klappentext:
"Im Jahre 1816 hat Mary Shelley, gerade einmal achtzehn Jahre alt, die Geschichte von Frankensteins Monster erschaffen, eine der außergewöhnlichsten, einflussreichsten und faszinierendsten Horrorgeschichten der Weltliteratur. Es ist der Sommer, den Mary mit ihrem Geliebten Percy Shelley, ihrem neugeborenen Sohn William und ihrer Stiefschwester Claire bei Lord Byron und John Polidori am Genfer See verbringt. Draußen toben Gewitter, nachts sitzen die Freunde am Feuer, trinken mit Laudanum versetzten Wein und lesen sich Gespenstergeschichten vor. Als Lord Byron eines Abends vorschlägt, jeder solle selbst eine Gruselgeschichte schreiben, erinnert sich Mary an einen Sommer in Schottland, als sie und ihre Freundin Isabella den mysteriösen Mr. Booth kennenlernten, einen wesentlich älteren Mann voller Charme und düsteren Geheimnissen …"
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Mary Shelley gehört für mich zu den interessantesten Autorinnen der Literaturgeschichte. Sie war eine unglaublich begabte Schriftstellerin, die die Welt der Literatur für immer verändert hat und das, als sie jünger war als ich gerade. Ich freue mich immer, wenn ich mehr über sie lernen kann. Deswegen habe ich mich auch gefreut, als ich in der Verlagsvorschau gesehen habe, dass dieses Jahr eine neue Romanbiographie über sie erscheint. Klar, Romanbiographien halten sich nicht zu hundert Prozent an die historischen Begebenheiten, aber sie sind dafür oft einfacher zugänglich als Biografien und oft auch einfach unterhaltsamer. Deswegen habe auch ich mich dazu entschieden, diesem Buch eine Chance zu geben.

Zuerst möchte ich den poetischen Schreibstil loben, der mir sehr zugesagt hat. Die Autorin und die Übersetzerin oder der Übersetzer haben hier wirklich gute Arbeit geleistet und konnten mich fesseln. Diese Lektüre war definitiv nicht einfach, trotzdem habe ich mich mit diesem Buch durchaus wohlgefühlt.

Interessant fand ich auch, dass hier der Fokus auf der Kindheit von Mary Shelley liegt. Den größten Teil dieses Buchs ist sie nur so um die 15 Jahre alt. Damals wurde sie aus gesundheitlichen Gründen zu einer Familie nach Schottland geschickt und lebte bei der Familie Baxter, die in der Realität aber wohl sehr anders war als hier dargestellt. So wurde die Familie in diesem Roman stark verkleinert - in der Realität hatte Baxter nämlich meines Wissens nach vier Töchter, hier sind es nur zwei. Allerdings weiß ich nicht besonders viel über Mary Shelleys Kindheit und kann so auch vieles, das hier in diesem Buch beschrieben wird, weder bestätigen noch bestreiten.

Interessant fand ich den Fokus auf Marys Kindheit vor allem auch wegen des Klappentexts, der meiner Meinung nach falsche Erwartungen weckt. Der Fokus liegt da doch auf diesem einen unglaublich wichtigen Sommer in Mary Shelleys Leben, in dem sie "Frankenstein" schrieb. Diese Episode aus ihrer Biografie kennen wohl die meisten Menschen und deswegen wurde hier wohl auch damit geworben. Dieses Buch handelt aber nur in einigen wenigen Kapiteln von Marys Erwachsenenleben und in diesen steht das Schreiben nicht im Vordergrund. Wichtiger ist in diesen Abschnitten die Beziehung zwischen Mary und Percy Shelley, Mary und Claire und Mary und den anderen anwesenden Männern. Auch die Trauer um ihre verstorbene Tochter und die Sorge um ihren Sohn spielen eine große Rolle in diesem Text. All diese hier genannten Aspekte wurden auch eine Art eingeführt, bei der ich mir nicht sicher bin, ob ich die Handlung noch verstanden hätte, wenn ich nicht mein Hintergrundwissen über Mary Shelley hätte. Die Entstehung von "Frankenstein" war wiederum nicht ganz so wichtig, was ich persönlich doch eher schwach finde. Mary Shelley ist eine der größten Autorinnen, die meiner Meinung nach je existiert haben, also warum spielt das Schreiben hier nur so eine untergeordnete Rolle? Ich kann deswegen auch nicht ganz nachvollziehen, warum man sich dazu entschieden hat, trotzdem auf diese Art für diesen biografischen Roman zu werben.

Mein Fazit? Ich habe leider etwas ganz anderes erwartet und bin mit diesem Buch deswegen leider nicht ganz zufrieden.

Mittwoch, 7. Dezember 2022

Meine liebsten Buchzitate #105

1. "Spoiler Alert" von Olivia Dade, Seite 272

"If you don't want to see them, don't see them. If you don't want to talk to them, don't talk to them. If you can't forgive them or don't want to, then don't fucking forgive them." She nodded, either in emphasis or to herself, he wasn't sure which. "If you do want to forgive them, that's okay too. If you want to talk to them or visit them, I'll support you however I can. There's no right or wrong answer here, Marcus. Just whatever answer would make you happiest." 

2. "Du wirst diesen Tag überstehen. Und morgen auch" von Daniel Howell, Seite 149

Die Menschen sind einfach nur komplizierte Pflanzen. 

3. "Heraclius" von Johann Christian Hallmann, Seite 596

Die Torheit dieses Menschen ist auf das höchste kommen. Denn er hält sich zwar vor einen Jupiter / allein aus seinem Gehirne wird keine Minerva entspringen. 

4. "Merry Inkmas" von Talia Hibbert, Seite 45 (Kindle Version)

I like watching you make all those drinks. It's like a little dance you do, and you look so happy and you love mixing shit up...

5. "Untouchable" von Talia Hibbert, Seite 29 (Kindle Version)

Take this as an opportunity to find a new career. A long-term career that doesn't make you want to commit murder on a daily basis.

Sonntag, 4. Dezember 2022

The Mermaid of Black Conch [Kurzrezension]

Quelle: Verlag

 Dieses Buch habe ich für die Uni gelesen und dann zusammen mit meiner Seminargruppe aus verschiedenen Winkeln betrachtet. Ein Teil dieser Seminargruppe folgt mir auch auf Goodreads oder verfolgt diesen Blog hier, ich muss mir also ausnahmsweise mal ganz genau überlegen, was ich über dieses Buch sagen soll. Ich möchte ja nicht, dass mir dann nächste Woche vorgeworfen wird, dass ich hier Falschinformationen verbreite. 
Im Zusammenhang mit diesem Buch sprachen wir über die Verbindung zwischen Meermenschen und der Umwelt und über die Darstellung von Behinderung in diesem Buch und diskutierten über Rassismus, Kolonialismus und Sexismus. Wie ihr seht, kommen hier also viele Themen zusammen, allerdings meiner Meinung nach, ohne dass dieses Buch zu einer zu bedrückenden Lektüre wird.

In diesem Buch geht es um David, der beim Fischen auf die Meerjungfrau Aycayia trifft und sich in sie verliebt. Und eigentlich könnte jetzt eine zuckersüße Liebesgeschichte beginnen, wie wir sie aus vielen Liebesromanen kennen, doch das passiert hier nicht. Stattdessen wird Aycayia von amerikanischen Touristen gefangen und an Land verschleppt und kann nur in letzter Sekunde von David gerettet werden, bevor sie als Trophäe oder in einem Zoo endet. Eigentlich möchte David sie nur ein paar Tage in seiner Badewanne verstecken und sie dann wieder zurück ins Meer bringen, doch dann beginnt sich Aycayia in seinem Haus in die junge Frau zurückzuverwandeln, die sie war, bevor sie von eifersüchtigen Frauen ihres alten Volks dazu verflucht wurde, als Meerjungfrau zu leben.

Ich glaube, besonders überrascht war ich darüber, wie unromantisch hier Meerjungfrauen dargestellt werden. Aycayia ist keine Schönheit, weder als Meerjungfrau noch als Mensch und das wird auch immer wieder beschrieben. Außerdem leidet sie nach ihrer Verwandlung zum Menschen am Leben, das sie an Land erwartet, was ich für realistisch halte. Sie war Hunderte Jahre lang eine Meerjungfrau - natürlich hat sie jetzt Probleme damit, sich wieder an ihre Beine zu gewöhnen und hat Schmerzen dabei, wenn sie versucht, wieder zu gehen. Sie verwendet deswegen Gehhilfen. Und natürlich wird sie das Sprechen neu lernen müssen, denn sie hat ihre Stimme seit Ewigkeiten nicht verwendet und die Sprache, die ihr Volk zum Zeitpunkt ihrer Verwandlung sprach, existiert heute nicht mehr. Gleichzeitig mit gesprochener Sprache lernt sie auch Gebärdensprache von einem kleinen gehörlosen Jungen in der Nachbarschaft. Aycayia kennt keine Technologie, keine laute Musik, keine Autos, alles ist neu für sie. Und ich fand es sehr interessant, sie dabei zu begleiten, wie sie sich langsam an dieses neue Leben an Land gewöhnt.

Jedes der Kapitel hier in diesem Buch besteht aus drei Teilen. Zuerst erzählt ein allwissender Erzähler über David, Aycayia oder eine der anderen Figuren. Dann folgt ein Gedicht, in dem Aycayia zu Wort kommt. Und schließlich kommt ein Tagebucheintrag Davids. Diese Vielzahl an verschiedenen Stilen und Textsorten machte die Lektüre für mich anstrengend, aber gleichzeitig auch um vieles spannender als sie es sonst vielleicht gewesen wäre. Zu kämpfen hatte ich vor allem zu Beginn auch mit dem für mich ungewohnten Englisch, das hier verwendet wird, das in der Karibik aber typisch zu sein scheint, wenn ich das richtig verstanden habe. Auch das verlangsamte mein Lesen, war aber eine interessante Erfahrung.

Mein Fazit? Ein sehr spannendes Buch, das sich allerdings nicht einfach so nebenbei lesen lässt.

Donnerstag, 1. Dezember 2022

Spoiler Alert [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Ich war in meinem Leben nie dünn und werde das auch nie sein, daher weiß ich, dass die Welt ein schmerzhafter Ort für übergewichtige Frauen sein kann. Und ich weiß, dass ich nur einen Bruchteil davon zu spüren bekomme - immerhin bin ich zwar übergewichtig, aber auf eine Art, die viele Leute als kurvig und als "etwas stärker gebaut" bezeichnen und die man mit der "richtigen" Kleidung verschleiern kann. Andere Frauen bekommen da viel mehr ab und ich kann mir nicht vorstellen, wie hart das sein muss. Ich musste ja schon lange daran arbeiten, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln und bin trotzdem immer wieder verletzt, wenn jemand kommentiert, was oder wieviel ich esse. Und werde jedes Mal sauer, wenn meine Mitmenschen überrascht sind, dass ich tatsächlich an den meisten Tagen gesund und fleischlos koche und Fast Food so gut wie immer verweigere. So als kleinen Hinweis an alle Menschen, die solche Kommentare gegenüber anderen Personen machen: Das ist übergriffig und verletzend. Nur weil ich nicht dünn bin, bin ich nicht automatisch ungesund. Denn ich bin gesund, ich bin voll zurechnungsfähig, ich gebe mir Mühe, einen gesunden Lebensstil zu haben (auch wenn das neben einem Masterstudium nicht immer einfach ist, wie wohl alle Masterstudierenden bestätigen können), aber ich weiß, dass das für manche Menschen nie genug sein wird, da sie einen ganz bestimmten Körpertyp mit Gesundheit verbinden und ich den nicht habe. Ich habe nie auch nur einen Kilo verloren, weil jemand meinen Körper kommentiert hat, dafür aber über Jahre hinweg viel Selbstbewusstsein, das ich mir erst wieder erarbeiten musste.

Und auch April, die Protagonistin dieses Buchs, hat solche Erfahrungen gemacht. Sie ist beruflich erfolgreich, intelligent, freundlich, eine Fanfiction-Autorin und talentiert darin, Cosplay-Kostüme zu gestalten, doch als sie ein Bild von sich in ihrem neuesten Kostüm online postet, ist ihr Gewicht mal wieder das einzige, was die anderen Menschen zu interessieren scheint. Sie bekommt online einen richtigen Shitstorm ab, der sie vielleicht verletzen würde, wenn sie nicht schon vor Jahren beschlossen hätte, dass die Meinung anderer Menschen zu ihrem Körper sie nicht mehr interessiert. Doch dann geschieht etwas Überraschendes: Marcus, der Hauptdarsteller der Fernsehserie, aus der der Charakter stammt, den April auf dem Foto darstellt, bittet sie um ein Date. Das ist eigentlich als Publicity-Stand gedacht, um diesen Trollen eins auszuwischen, doch als er April dann tatsächlich trifft, findet er sie sofort attraktiv. Er möchte mehr als nur ein einziges Treffen mit ihr. Dann findet er heraus, unter welchem Namen April Fanfictions schreibt und das macht alles nur noch komplizierter. Denn die beiden kennen sich bereits seit Jahren, was April aber nicht wissen darf. Denn wenn irgendjemand herausfindet, dass Marcus Fanfictions schreibt, könnte er seine Karriere als Schauspieler verlieren...

So, nachdem ich es irgendwie geschafft habe, den doch recht komplexen Inhalt dieses Buchs zusammenzufassen, beginnen wir nun mit den positiven Aspekten dieses Buchs. Ich fand es schön, mal wieder ein Buch zu lesen, das sich mit Fanfictions und der Welt des Fandoms beschäftigt und das trotzdem kein Kinder- oder Jugendbuch ist. Außerdem finde ich die Art großartig, wie über Aprils Übergewicht gesprochen wird. Gerade das Thema Fatshaming wird auf eine Art beschrieben, die ich leider nur zu gut kenne. Nur, dass es bei ihr um einiges schlimmer ist. April ist trotzdem sehr selbstbewusst und steht für sich ein, auch wenn es unangenehm und schmerzhaft ist. Und sie erlaubt keine Menschen in ihr Leben, die glauben, dass Kommentare über ihr Gewicht irgendwie akzeptabel sind. Das halte ich für eine großartige Einstellung, die ich hoffentlich auch irgendwann haben werde. 

Auch der Schreibstil hat mir super gefallen. Dieser Roman ist witzig, fesselnd und perfekt für kalte Tage, an denen man sich mit einer Tasse Tee drinnen verkriechen möchte. 

Ich habe eigentlich nur zwei Kritikpunkte. Der erste betrifft den großen Konflikt in diesem Buch. Marcus schreibt selbst Fanfictions und bevor er April trifft, waren sie online schon seit Jahren befreundet. Das kann er aber natürlich nicht sofort zugeben, denn wenn das die Presse rausfindet, ist seine Schauspielkarriere zu Ende. Deswegen verschweigt er es ihr und das leider nicht nur zu Beginn der Geschichte. Das hat mich geärgert, denn dass das zu Streit führt, war für mich zu Anfang an klar. Und damit hat dieser Roman eine Sünde begangen, die ich persönlich einfach schrecklich finde: Die beiden streiten, weil sie nicht in der Lage dazu sind, miteinander wie zwei erwachsene Personen zu kommunizieren.

Der zweite Kritikpunkt betrifft das Alter der Figuren. Sie werden hier als 36 bzw. 40 Jahre alt beschrieben, was sich meiner Meinung nach nicht in ihrem Verhalten widerspiegelte. In meinem Kopf waren sie nur etwas älter als ich, so Ende 20 oder höchstens Anfang 30, aber auf keinen Fall älter.

Mein Fazit? Schöne Lektüre über wichtige Themen, mit zwei kleineren Kritikpunkten.