Mittwoch, 20. August 2025

Digitale Diagnosen [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

So, nachdem ich mir für meinen Umzug und danach aus gesundheitlichen Gründen eine kleine Auszeit von der Online-Welt genommen habe, bin ich nun zurück - und werde es hoffentlich schaffen, jetzt wieder ein bisschen regelmäßiger zu posten.

Natürlich war ich aber als reine Konsumentin nicht komplett offline. Wie wahrscheinlich alle anderen Menschen auch verbringe ich trotzdem zu viel Zeit auf Social Media und generell online. Und auch, wenn ich versuche, dort hauptsächlich Buch- und Autorinnencontent zu konsumieren, klappt das nicht immer. Hin und wieder postet mal wer aus dieser Blase was über andere Themen und wenn ich das dann like, wird natürlich mehr dazu angezeigt. Und so wurde ich irgendwann auch auf das Phänomen der Mental-Health-Seite von Instagram und co. aufmerksam. Und ich sags euch, Leute: Da gehts ab! Zeit- und Stressmanagement sowie allgemeine Mental Health Themen sind da noch die Spitze des Eisberges. Darunter? ADHS, Autismus, OCD, Dissoziative Persönlichkeitsstörungen ... mir war gar nicht so bewusst, wie viele Erkrankungen es so gibt. 

Als dann das Buch "Digitale Diagnosen" erschien, wusste ich direkt, dass ich es lesen möchte. Online sind psychische, aber auch körperliche Diagnosen und Gesundheit generell ein großes Thema, das viel Aufmerksamkeit bekommt. Und natürlich habe auch ich mitbekommen, dass es scheinbar immer mehr Selbstdiagnosen gibt, die ohne die Bestätigung von Ärzten aufgestellt werden. Was ich hier gar nicht wirklich verurteilen möchte. Medical Gaslighting existiert leider, Ärzt:innen stehen oft unter viel Zeitdruck und Wartelisten bei Expert:innen sind oft sehr lang, wenn man nicht grade die Ressourcen hat, um auf eine private Versorgung auszuweichen. Gerade war der Mangel an Therapieplätzen für Kinder- und Jugendliche ja wieder ein Thema in den Nachrichten - kann man da wirklich Leute verurteilen, die sich selbst auf die Suche nach Antworten und Strategien machen?

Schärfer verurteilen muss ich das große Misstrauen gegenüber der Schulmedizin, die meiner Erfahrung nach oft mit diesem Thema einhergeht. Leute, nur weil ihr in der Lage dazu seid, ein paar Stichworte zu googeln oder (noch schlimmer!) in eine KI einzugeben, macht euch das nicht zu Mediziner:innen. Nur weil euch eine Strategie geholfen habt, seid ihr nicht Expert:innen. Ihr seid einfach nur Menschen, die mit dieser Erkrankung leben müssen, und vielleicht nicht mal das, weil ihr nämlich keine Mediziner:innen seid und euch deswegen vielleicht sogar mit der falschen Krankheit diagnostiziert habt. Und das kennen wir wohl wirklich alle, nicht mal unbedingt nur auf psychische Erkrankungen begrenzt. Schnell mal Symptome gegoogelt und schon befürchtet man einen Hirntumor (ich zumindest!). Ich saß zum Beispiel auch erst vor Kurzem beim Arzt, weil ich nach einen Vitamin-Mangel bei mir vermutet habe. Hatte ich auch. Aber dazu halt auch eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die wahrscheinlich die Mängel erst verursacht hat und in einem frühen Stadium oft mit recht ähnlichen Symptomen kommt. Hätte ich einfach selbständig mit der Behandlung begonnen (Vitaminpräparate gibt es ja wirklich überall zu kaufen!), wäre diese Erkrankung weiter unter dem Radar geflogen und hätte wohl immer weiter Symptome verursacht - und das hätte sehr hässlich enden können. Deswegen: Wenn es euch nicht gut geht, dann geht zur Ärztin oder zum Arzt. Egal, ob das jetzt euren Körper oder eure Psyche betrifft. Und geht zur verdammten Vorsorge. Aber googelt eure Symptome nicht, postet sie nicht in Foren für Betroffene von bestimmten Krankheiten und dichtet euch doch bitte nicht selbst irgendwelche Krankheiten an. Die allermeisten von euch sind nicht aus der Medizin und können eure Vermutungen nicht von anderen Diagnosen mit ähnlichen Symptomen abgrenzen! Dafür fehlt euch nicht nur das Wissen, sondern auch die Werkzeuge - oder habt ihr ein verdammtes Ultraschallgerät daheim rumliegen? Oder die Tools für verlässliche Bluttests?  

Dass eine Selbstdiagnose oft falsch und teils sogar richtig gefährlich sein kann, dürfte den meisten Leuten klar sein. Aber warum finden sich dann online trotzdem so viele Personen, die sich selbst irgendwelche Krankheiten andichten? Wie ist dieser "Trend" entstanden? Die Autorin bietet mögliche Antworten auf diese Fragen und beleuchtet das Phänomen der Selbstdiagnose aus kultureller, gesellschaftlicher und politischer Perspektive. Dadurch entsteht ein vielfältigeres Bild von diesem Phänomen als ich es persönlich erwartet hätte - und durch dieses Buch verstehe ich jetzt diese Entwicklung jetzt etwas besser. 

Beschrieben wird all das auf sehr spannende Art. Die Autorin beschreibt all die Aspekte, die hier mit rein spielen und das, ohne die Menschen zu verurteilen, die sich selbst diagnostizieren. Trotzdem wird auch ganz klar deutlich gemacht, warum eine nicht von einer Ärztin bestätigte Diagnose problematisch und gefährlich sein kann.

Mein Fazit? Ein großartiges Buch durch das ich viel Neues lernen durfte. Großartig!

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