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| Quelle: Verlag |
Wir alle kennen die Geschichte rund um Faust. Der frustrierte Professor, der zwar gefühlt alles studiert hat, sich selbst mit der Magie beschäftigt, und es trotzdem nicht schafft, seinem Leben einen Sinn zu geben – bis er einen Bund mit dem Teufel eingeht. Sollte dieser es schaffen, dass Faust auch nur für einen Moment sein Leben genießt, gehört seine Seele ihm.
Viele von uns haben sich in der Schule durch das Reclam-Heftchen gequält, viele kennen auch noch weitere Adaptionen rund um Goethes Theaterstück. Das Stück wird bis heute aufgeführt, es wurde mehrfach verfilmt, findet seinen Platz in immer wieder neuen Comics und Graphic Novels. Einige werden sich nun also denken: »Im Ernst? Noch eine Version?« Ja, noch eine Version! Denn Nele Heaslip hat sich hier einen spannenden Twist einfallen lassen, durch den ich den Fauststoff nochmal ganz neu lesen konnte. Diese Graphic Novel spielt nämlich in drei Zeiten gleichzeitig: Mittelalter, Zeit des Nationalsozialismus und Gegenwart. Der Switch erfolgt dabei fließend mitten in der Szene, ohne große Markierung. In einem Bild hält Doktor Faust eine Vorlesung in einem modernen Hörsaal, im nächsten ist sein modernes Büro ein mittelalterliches Turmzimmer. In einem Bild spaziert Faust durch eine mittelalterliche Stadt, im nächsten ist die Stadt immer noch gleich, doch Faust trägt einen Judenstern und aus den Fenstern hängen die Flaggen der Nationalsozialisten.
Durch den Wechsel in den Zeiten wurde für mich eigentlich erst sichtbar, wie zeitlos der Fauststoff eigentlich ist. Der Switch war problemlos möglich, ohne dass dabei Verständnisprobleme entstanden und ohne, dass dabei irgendetwas unlogisch wurde. Der Stoff mit Goethes Originaltext funktionierte weiter, war weiter spannend.
Diese Entscheidung der Illustratorin lud mich dazu ein, den Text genau zu reflektieren. Würde diese Szene hier denn auch im Nationalsozialismus funktionieren, obwohl sie hier doch im Mittelalter spielt? Und was wäre, wenn man sie in die Gegenwart versetzen würde? Wie verändert die jeweilige Zeitebene die Stimmung, die Bedeutung oder die Beziehung der Figuren untereinander?
Das Buch selbst ist unglaublich aufwändig gestaltet. Die Illustrationen sind voll interessanter Details und kleine Kunstwerke, die man so auch direkt in eine Galerie hängen könnte. Auch die Papierqualität ist mir positiv aufgefallen.
Eine unglaublich spannendes und hochwertig produziertes Graphic Novel, nicht nur für Schulbibliotheken und Schüler*innen. Ich kann es kaum erwarten, dass der nächste Band erscheint!

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