Donnerstag, 12. Dezember 2019

Freispruch für Medea [Kurzrezension]

Quelle: Amazon.de
[Achtung: Spoiler!]

Uff, dieses Buch ist jedes Mal aufs Neue eine Challenge. Vor einiger Zeit hab ich ja "Medea" rezensiert, also das Original. Heute kommt eine Rezension zu einer der Neubearbeitungen des Mythos.

Wir erinnern uns zurück: Medea hat ihre zwei Kinder und die neue Flamme ihres Mannes ermordet, als ihr Mann sie verlassen möchte. Sehr dramatisch, aber doch irgendwie spannend. Frau Haas ging es jetzt in diesem Buch darum, Medea von diesen Zuschreibungen zu befreien und ihre Schuld am Ganzen zu relativieren. Der Mord an den Kindern wird auf eine Abtreibung reduziert. Außerdem soll erläutert werden, wie es denn überhaupt so weit kommen konnte. Deswegen beschreibt Haas nicht nur so einen kurzen Ausschnitt wie Seneca sondern schreibt über ihr gesamtes Leben. Die Geschichte setzt ein, als Medea vierzehn Jahre alt ist und begleitet sie so ungefährt zwanzig Jahre lang, vielleicht auch etwas länger.

Der Stil ist hier sehr...nennen wir es mal blumig oder lyrisch. Eine leichte Lektüre ist das nicht. Der Stil ist sehr abstrakt und arbeitet mit wirklich vielen Vergleichen. Das macht den Schreibstil recht sperrig und schwierig.

Der Freispruch ist zumindest meiner Meinung nach nicht gelungen, auf gar keinen Fall. Die Medea hier, ist schwer verliebt und ihr gebrochenes Herz soll alles rechtfertig. Nein. Einfach nur nein. Medea ist nicht verliebt, sie macht sich absolut abhängig von Jason. Sie definiert sich nur noch über ihn und alles, das sie tut, tut sie nur, um ihm zu gefallen. Mich als Leserin schreckte das total ab. Am liebsten wollte ich Medea schütteln, zurück nach Kolchis schleppen und in ihr Zimmer einsperren. Weiterentwicklung gibt es bei ihr nicht. Sie bleibt immer die gleiche Person, die sie mit vierzehn Jahren war. Sie denkt ständig nur in Extremen, Graustufen gibt es für sie nicht: Wahre Liebe oder puren Hass, sonst sieht sie nichts. Die ganze Zeit. Und auch wenn sie nun nur eine Abtreibung durchführt: Kreusa hat sie trotzdem ermordet. Und die ist hier ein Kind. Sie bleibt also trotzdem eine Kindsmörderin, ob die Autorin es will oder nicht. Dazu kommt der Mord an ihrem Bruder, am König Pelias und an unzähligen Tieren. Sie trotzdem schuldig, auch wenn jetzt der Mord an den eigenen Kindern wegfällt.

Eine Sache, über die ich auch noch sprechen möchte, ist die Darstellung von Medea als "Kräuterhexe". Sie arbeitet hauptsächlich mit einer Blume namens "Herbstzeitlose". Die gibt es auch bei uns. Ihr könnt sie gerne mal googeln. Vielleicht lest ihr euch ja mal durch, was passiert, wenn man die aus Versehen isst. Eines kann ich euch sagen: Es ist definitiv nicht schön und in sehr vielen Fällen tödlich. Aber Medea verwendet diese Pflanze durchgehend als "Heilmittel" und nie geht was schief. Obwohl sie gar keine Ahnung hat, was zur Hölle sie da tut. Sie probiert einfach mal an ihrem Vater aus, was da passiert und macht das dann natürlich richtig, weil sie ja glücklicherweise so eine tolle Intuition hat und so eine tolle Verbindung zur Natur, dass da gar nichts schief gehen kann. Meh. Halte ich nicht wirklich für glaubwürdig. Da hätte man eine schöne Szene einbauen können, wie ihr jemand die Heilkünste beibringt. Wäre auf jeden Fall besser und spannender gewesen.

War also wirklich nicht ganz meines. Fürs Studium lese ich das und auch bei meiner Arbeit kann ich das Buch sicher gut verwenden, aber für jemanden, der einfach zum Spaß lesen will, ist dieses Buch aber wahrscheinlich nicht die richtige Wahl.

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