Dienstag, 1. August 2023

Love, theoretically

 Autorin: Ali Hazelwood
Erschienen am 19.06.2023
Im Rütten und Loening Berlin Verlag
ISBN: 9783352009952
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag



Klappentext:
"Liebe ist wie Physik – die Theorie mag noch so schön sein, auf die Praxis kommt es an.

Wissenschaftlerin Elsie lebt im Multiversum: Als Theoretische Physikerin quasi unbezahlt, verdient sie ihr Geld als Fake-Date-Begleitung. Bis ihre Parallelwelten kollidieren: Ausgerechnet der nervig attraktive Jack – der sie als Freundin seines Bruders und Bibliothekarin kennt – muss entscheiden, ob sie ihren Traumjob bekommt. Dazu führt er als kaltherziger Experimentalphysiker eine üble Fehde gegen die Theoretische Physik. So findet sich Elsie auf einem Wissenschaftsschlachtfeld wieder – und muss sich dagegen wehren, in Jacks Gravitationsfeld gezogen zu werden. Oder sollten etwa ganz neue Theorien über die Liebe in die Praxis umgesetzt werden?"
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Leute, ihr habt ja keine Ahnung, wie lange ich diese Rezension schon vor mir herschiebe. In Ali Hazelwoods Texte war ich mal sehr vernarrt, wie alle wissen, die zum Beispiel meine Rezension zu "Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe" gelesen haben. Doch seitdem ich "Stuck with you", eine Kurzgeschichte der Autorin gelesen habe, bin ich mit der Autorin irgendwie auf Kriegspfad. Als ich diesen neuesten Roman der Autorin begonnen haben, fühlte ich zu gleichen Teilen Angst und Hoffnung. Am Ende dieses Romans war dann von meiner Hoffnung leider nur noch ein Scherbenhaufen übrig.

Vielleicht beginnen wir mit der Figurenkonstellation. Es handelt sich hierbei um eine Enemies/Rivals-to-Lovers-Geschichte, was natürlich voraussetzt, dass die beiden Figuren Feinde sind. Und das könnte hier auch funktionieren - zumindest in der Theorie. Wenn Biologen oder Physiker (da ich nur männliche Biologen und Physiker kenne, die sich über Geisteswissenschaften lustig machen, hier ausnahmsweise mal nur das Maskulin) die Literaturwissenschaften schlecht machen, dann flippe ich auch irgendwann aus. Es hätte super funktionieren können - wenn Elsie nicht so verdammt stur wäre. Jack ist nämlich weder arrogant, noch unfreundlich oder irgendwie ein unangenehmer Mensch. Er versucht ihr von Anfang an, sein Verhalten zu erklären und sie davon zu überzeugen, dass er weder sie noch die theoretische Physik hasst. Und das wird im Text eigentlich auch ziemlich offensichtlich gemacht. Elsie kapiert das aber nicht, denn das würde ja ihr Weltbild vom bösen, bösen experimentellen Physiker zerstören. Und das kann sie natürlich nicht zulassen, deswegen formt sie Jack in ihrem Kopf zu einem Monster, der er gar nicht ist. Ganz ehrlich: Ich hatte Mitleid mit Jack. Niemand möchte gerne vorgeworfen bekommen, dass man jemanden umbringen möchte, wenn man diese Person nach einem Date fragt.

Eigentlich hängen alle meine Probleme, die ich mit diesem Buch habe, direkt mit der Protagonistin zusammen. So ist es hier zum Beispiel so, dass Elsie Diabetikerin ist. Davon war ich zu Beginn des Buches positiv überrascht, denn bisher habe ich kein einziges Buch gelesen, in dem eine Diabetikerin die Hauptfigur spielt. Aber hier wurde das so unglaublich dramatisiert. Ja, Diabetes ist eine Krankheit, die schlimme Folgen haben kann und die ich keinem Menschen an den Hals wünschen würde. Vor allem, wenn man in einem Land ohne Krankenversicherung wohnt, denn Insulin ist verdammt teuer. Aber es handelt sich dabei trotzdem um eine behandelbare Krankheit, die zumindest von mir nicht als etwas ungewöhnliches wahrgenommen wird. Wenn ich einen Menschen mit Insulinpumpe sehe, denke ich mir: "Ach, eine Insulinpumpe." und das wars. Höchstens noch: "Hübscher Sticker drumherum." Dass Elsie das als eine Art dunkles Geheimnis hütet, fand ich schräg und nicht nachvollziehbar. Warum sowas tabuisieren?

Und so wie in "Stuck with you" könnte man auch hier beide Figuren als aromantisch und/oder asexuell bezeichnen. Diesmal nimmt Elsie diese Worte sogar selbst in den Mund. Und wie ich auch in meiner letzten Rezension schon betont habe: Ich finde es cool, dass eine so große Autorin eine Sexualität und romantische Orientierung, die so selten dargestellt wird, porträtiert. Und ich weiß, dass Asexualität nicht bedeutet, dass ein Mensch nie Sex haben wird oder haben will. Klar, manche möchten vielleicht gar nie mit einem Partner, einer Partnerin, in die Kiste steigen, andere tun das aber schon und beides ist vollkommen okay und ändert nichts an der sexuellen Orientierung dieser Menschen. Aber in der Zwischenzeit wünsche ich mir, dass Ali Hazelwood vielleicht zu Figuren wechselt, die lieber gar keinen Sex haben möchten und auch keinen Sex haben. Dann müsste sie nicht Figuren, die offensichtlich keinen Sex wollen, trotzdem irgendwie dazu zu bringen, miteinander zu schlafen. Denn hier war schon wieder so eine unangenehme Sexszene, wo bei mir alle Alarmsirenen losgegangen sind. Es tut mir echt leid, aber wenn jemand sagt "Das geht mir zu schnell" oder "Lass uns noch warten", wie es Jack hier immer und immer wieder tut, dann ist das ein eindeutiges NEIN. Nur ein Ja würde auch Ja bedeuten. Nicht so schwer, oder? Aber Elsie ignoriert hier völlig, dass Jack einen Großteil der Szene keinen Consent gibt. Und ich finde das super problematisch.

Auch muss ich gestehen, dass mir die Geschichte den anderen Büchern der Autorin zu sehr ähnelte. Da war einfach genau die gleiche Grundstimmung, mehr oder weniger genau der gleiche Konflikt, die gleichen Tropen, die gleiche Protagonistin nur mit anderem Namen, genau das gleiche Love Interest, mit exakt den gleichen körperlichen Attributen nur mit anderem Namen. Einmal funktioniert das gut, in Teil 2 war das auch noch okay, aber dreimal mehr oder weniger die genau gleiche Geschichte? Muss das sein? Ich hasse es, das sagen zu müssen, aber mich hat es gelangweilt.

Mein Fazit? Schade, aber das wird wohl das für mich letzte Buch gewesen sein, das ich von der Autorin gelesen habe.

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