Samstag, 29. Oktober 2022

Das Inferno [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Dieses Buch habe ich vor einer Woche in der Auslage meiner liebsten Buchhandlung gesehen. Natürlich war ich sofort neugierig. Ich meine: "Das Inferno". Dass das was mit Dante zu tun haben muss, war mir sofort klar! Und wie ihr alle wisst, habe ich eine regelrechte Obsession mit Dante und seinem Werk entwickelt. Die geht so weit, dass ich in der Zwischenzeit sogar überlege, ob ich meine Masterarbeit über die "Commedia" oder zumindest einen Teil davon schreiben soll. Dass ich mir dieses Buch gekauft habe, halte ich also für eine Investition in meine Zukunft als erfolgreiche Literaturstudentin.

Die Geschichte des Infernos kennt ihr wahrscheinlich, oder? Dante (beziehungsweise ein namenloser Erzähler, der von meinen Profs Dante genannt wird, bei dem ich mir aber nicht sicher bin, ob sein Name jemals genannt wird), verirrt sich im Wald und trifft dort auf grauenhafte Monster. Vor denen rettet ihn sein Idol Vergil, ein römischer Dichter. Bis hierher ist die Geschichte im Original und in dieser Adaption sehr gleich. Klar, die Monster sind andere (zum Beispiel ein Versicherungsvertreter - grauenhafter Typ!), aber doch Monster. Und auch Vergil hat seinen Auftritt. Hier trifft er allerdings in Form eines Schakals auf. Warum das so ist, kann ich euch nicht sagen. Ich glaube nicht, dass das irgendwo erklärt wird. Hat der Schakal irgendeine symbolische Bedeutung, die ich nicht kenne? Das einzige, das meine literarischen Nachschlagewerke ausgespuckt haben, ist, dass ein Schakal für einen ägyptischen Totengott stehen kann. Ich glaube nicht, dass diese Verbindung hier gewollt ist, aber zumindest passt das doch ein bisschen zusammen, oder?

[Kleine Spoilerwarnung: Es werden inhaltliche Aspekte angesprochen. Große Twists werden nicht verraten, aber ich beschäftige mich mit den Unterschieden zur Originalversion. Da muss ich natürlich den Inhalt ansprechen. Wer das nicht hören möchte, überspringt bitte den nächsten Absatz.]

Vergil lässt Dante auf jeden Fall ausrichten, dass ihn Dantes verstorbene Geliebte Beatrice schickt (die der reale Dante übrigens nur zwei- oder dreimal vor ihrem Tod gesehen hat), die möchte, dass er auf den Weg der Tugend zurückkehrt. Und deswegen soll Vergil ihn jetzt durch die Hölle führen, damit Dante weiß, was ihn erwartet, wenn er sich nicht bessert. Hier beginnen die richtig großen Unterschiede zum Original. Die Höllenkreise beinhalten andere Strafen, Dante interessiert sich nicht wirklich für die Insassen der Hölle und die Herrscher der Hölle sind nicht wirklich erfreut von Dantes Anwesenheit in der Hölle und nehmen hier die Rolle der Antagonisten ein. Und auch vom neuen Ende bin ich kein großer Fan, denn dadurch werden die zwei weiteren Teile der "Commedia" - das "Purgatorio" und das "Paradiso" - unmöglich gemacht.

[Spoiler Ende]

Eigentlich könnte man das also meiner Meinung nach als eigenständige Geschichte bezeichnen, die zwar Ähnlichkeiten mit Dantes Werk hat, aber auch nicht viel mehr. Von dieser Entscheidung kann man halten, was man will. Ich persönlich bin immer noch zwiegespalten. Ich habe diesen Comic ja gekauft, weil ich ein großer Dante-Fan bin und gespannt darauf war, wie das "Inferno" in Comicform dargestellt wird. Dass es dann so viele Abweichungen von Dante gab, sorgte bei mir für Irritation. Das ist allerdings nicht nur schlecht, denn so war ich gezwungen, mich aus einer ganz anderen Perspektive mit diesem Werk zu beschäftigen und sie neu wahrzunehmen - obwohl ich sie gerade gar nicht las. 

Auch wenn mir einige der Änderungen gar nicht zusagten, fand ich andere ziemlich cool. Dass in der Hölle zum Beispiel Bürokratie eine große Rolle spielt, halte ich für passend. Und einen gewissen österreichischen Diktator wollte ich schon immer mal in der Hölle leiden sehen. Meier hat eindeutig Humor, was er meiner Meinung nach an vielen Stellen beweist, entweder direkt im Text oder subtiler durch Bildsprache.

Mein Fazit? Der Autor hat seine künstlerische Freiheit voll ausgenutzt und viele Aspekte von Dantes "Göttlicher Komödie" komplett verändert. Das ist natürlich sein gutes Recht, ich hätte mir stellenweise aber mehr Ähnlichkeit mit dem Originaltext gewünscht. Trotzdem handelt es sich bei "Inferno" um ein gut gelungenes Graphic Novel und für eine interessante Lektüre für Zwischendurch.

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