Freitag, 29. November 2024

A Not So Meet Cute [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Ihr wisst: Fake Dating ist eines meiner Lieblingstropes. Das ist einfach fast immer unterhaltsam. Sobald ich das in der Inhaltsbeschreibung irgendwo lese, landet das Buch auf meiner Leseliste. Und so ist es auch hier gelaufen.

Der Inhalt ist schnell erklärt. Huxley, Besitzer einer großen Immobilienfirm, will unbedingt diesen einen großen Deal abschließen. Doch er wirkt auf andere kalt und distanziert und deswegen will der andere Immobilienhai nicht an ihn verkaufen. Um eine gewisse Nähe herzustellen, lügt Huxley daher und erzählt diesem Typen von seiner schwangeren Verlobten. Die aber nicht existiert. Doch da kommt Lottie ins Spiel. Sie hat gerade ihren Job verloren und ist ziemlich verzweifelt, denn sie hat ihrer Mutter schon erzählt, dass sie nächste Woche endlich wieder auszieht. Als ihr also Huxley sein Angebot unterbreitet, ist sie kritisch - doch sie nimmt an.

Und gleich zu Beginn war ich überzeugt. Der Start in den Roman war einfach großartig. Da war ein toller Humor, eine Protagonistin, mit der ich mich wohlfühlte und ein heißes Love-Interest.

Joa, schade, dass das nicht so bleib. Bald wechselte der Humor auf eine eher obszöne Ebene. Viele Szenen waren unnötig sexuell aufgeladen - was vielleicht auch mit dem hier umgesetzten Verständnis von Humor zusammenhängt. Und aus dem zwar frechen, aber durchaus sympathischen Huxley wurde ein unglaublicher Grantling, der sich unangenehm bis übergriffig verhielt. Und das will ich einfach nicht lesen. Wenn ich Männer will, die sich im Ton vergreifen und sich respektlos verhalten, kann ich auch einfach Tinder runterladen oder auf Social Media leicht bekleidet Fotos posten. An dieser Stelle muss ich auch sagen, dass ich keinerlei Verständnis für Lottie aufbringen konnte. Warum zur Hölle findet sie so ein Verhalten anziehend?

Huxley ist einfach ein stinkreicher Mistkerl. Er hält sich die meiste Zeit über für einen besseren Menschen und blickt auf alle anderen herab, weiß aber noch nicht mal, wie man sich selbst ein Käsesandwich zubereitet. Kein Witz, der bekommt das von Lottie gezeigt. Und sie findet das aus irgendeinem Grund ganz, ganz toll.

Auch muss ich sagen, dass ich mit dem Spice ein Problem hatte. So möchte ich an dieser Stelle nochmal ganz klar und vor allem meine jüngeren Leser:innen darauf aufmerksam machen, dass schlafende Menschen keinen Consent geben können. Es kommt hier also streng genommen zu einer Vergewaltigung - was die beiden Protagonisten aber ziemlich heiß finden. Irgendwie. Aus welchem Grund auch immer. Aber auch die wachen Szenen sind nicht unbedingt toll gelungen. So habe ich zum Beispiel vollstes Verständnis dafür, wenn Autor:innen sich in ihren Romanen gegen eine Diskussion von Verhütung entscheiden. Aber wenn das in ein Buch eingebaut wird, dann sollte das doch bitte passieren, bevor die beiden in der Kiste landen! Danach hilft das doch weder gegen Geschlechtskrankheiten noch gegen Schwangerschaft. Meine Güte, Leute!

Mein Fazit? Das hätte so, so toll werden können! Aber es war leider wirklich schwach. Für mich enttäuschend.

Donnerstag, 28. November 2024

Der längste Schlaf [Kurzrezension]

Quelle: Verlag


Es gibt fast nichts Schlimmeres für mich, als wenn ich nicht gut schlafen kann. Eine schlaflose Nacht und die nächsten paar Tage sind zum wegwerfen. Dann bekomme ich nichts mehr auf die Reihe und fühle mich einfach generell ganz ekelhaft. Mehrere schlaflose Nächte hintereinander? Nope, vergiss es! Da muss ich mich krankschreiben lassen. 
In meiner Kindheit und Jugend war das Nicht-Schlafen-Können leider ein eher häufiges Problem. Gerade mit so 12, 13 Jahren hatte ich eine Phase, in der ich diese Schlaflosigkeit im Nachhinein doch eher schon als krankhaft bezeichnen würde. Ich konnte einfach nicht schlafen. Ich lag da, aber der Schlaf kam nicht. Es war grauenhaft. Heute bin ich meiner Schlaflosigkeit Gott sei Dank entwachsen und leide nur noch in extremen Stressphasen darunter. Und auch dann ist es für mich heute nicht mehr so schlimm wie es das als Kind war. Dann schalte ich mir meine Lieblingspodcasts ein, zücke mein Rätselbuch, mach mir eine Wärmflasche und koche mir noch eine Kanne Tee. Und meistens bekomme ich dann trotzdem noch zumindest ein paar Stunden Schlaf. Gott sei Dank!

Anders geht es hier Mara Lux. Sie ist Schlafforscherin und leidet ironischerweise ebenfalls an Schlaflosigkeit. Doch ihre Gründe sind anders und etwas ungewöhnlicher als die meinen es waren: Sie hat seit ihrer Kindheit prophetische Träume. Was sie im Schlaf sieht, passiert oft auch. So auch der Autounfall, bei dem ihre Eltern gestorben sind. Daher hat sie bis heute panische Angst vor ihren Träumen und hat einige Tage sogar versucht, gar nicht mehr zu schlafen. Und diese Angst zeigt sich schon zu Beginn der Handlung als berechtigt: Bereits zu Beginn der Handlung träumt sie, dass ihre Nachbarin durch den Himmel fliegt – und findet am nächsten Tag heraus, dass diese aus dem Fenster gefallen oder gesprungen ist.
In Deutschland ist Mara fast nie, zu viel erinnert sie dort an ihre Eltern. Doch dann wird sie durch
einen Anwalt aus Frankfurt kontaktiert. Ein ihr fremder Mann möchte ihr anonym ein Herrenhaus
vererben. Zuerst glaubt Mara an Betrug, dann an eine Verwechslung, schließlich reist sie doch an –
und plötzlich träumt sie von einem maskierten Mann und einem Mädchen, das ihre Hilfe braucht.
Gleichzeitig scheint es im Herrenhaus zu spuken – oder ist das doch eine Psychose, die durch Maras
Schlafmangel ausgelöst wurde?

Melanie Raabe kannte ich zuvor nur durch ihre Krimis und Thriller. „Der längste Schlaf“ ist wiederum eher ein sehr spannender Roman mit Mystery- und Horror-Elementen. Traum und Realität vermischen sich, verschwimmen ineinander, und wir Leser:innen rätseln an jedem Morgen wieder, welche Traumelemente sich heute denn wieder in Maras Alltag drängen werden. Das macht mir Lust auf mehr aus diesem Genre!
Wir zweifeln gemeinsam mit Mara an ihrem Verstand, wundern uns über das Herrenhaus und bangen um das kleine Mädchen. Vor allem in der zweiten Hälfte konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Die letzten 200 Seiten habe ich in einer Sitzung verschlungen.

Mein Fazit? Ein geniales neues Buch von Melanie Raabe!

Montag, 25. November 2024

Fischgrätentage

Autorin: Elke Laznia
Erschienen am 2.9.2024
Im Müry Salzmann Verlag
ISBN: 9773990142561
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag


Klappentext:
"Fischgrätentage" führt uns in eine Zwischenwelt, deren Ausgang offen ist. Freilich ist es am Ende die Sphäre des Todes, vorerst aber des zunehmenden Körperverlusts, der Gebrechen und Traumgespinste, zugleich auch der Nähe und des Vertrauens. Erlebtes taucht wieder und wieder auf, verwandelt sich, Raum und Zeit machen sich selbstständig, öffnen neue Bewusstseinsräume. In eindrücklichen Sprachbildern sind alltägliche Momente aufbewahrt, die „Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt“ (Peter Handke) in den Rhythmus des Atems gebannt; irritiert und beglückt nimmt man wahr: Heute kann alles sein, alles ist heute, wir­ können alles sein, zu allem werden, wir sind unsere Orte, unser Land und unsere Vorfahren, unsere Lieben. Elke Laznia fokussiert in "Fischgrätentage" das, was die Zeit mit unseren Körpern macht, mit unserem Geist, was Bindungen sind, was von ihnen bleibt. Und immer geht es um den Verlust. Der Verlust als die Quelle, an die jede/r angeschlossen ist. Der Verlust, der teilbar und mitteilbar ist. Es ist ein poetisches Schreiben entlang der letzten Dinge, wider das Nützlichkeitsdenken und die marktgängige Optimierung unseres Bewusstseins. Damit der menschliche Geist nicht restlos von der Maschine ersetzt wird, darf er nicht selbst maschinenhaft werden. Lyrik ist dabei ein wirksames Antidot.

Meine Meinung:
Auch dieses Buch war beim Österreichischen Buchpreis nominiert und hat es sogar bis auf die Shortlist geschafft. Nachdem auch mich die Leseprobe dazu überzeugen konnte, habe ich beschlossen, mir selbst ein Bild zu machen. Überrascht nach den letzten paar Rezensionen wirklich niemanden mehr, nicht wahr?

Dieses Buch erzählt in Form von Gedichten in unterschiedlicher Länge eine schwierige Geschichte: Es geht um eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung, um das Altern der Mutter, das Erkranken der Mutter. Es geht ums Abschiednehmen, um den Tod, die Trauer und den Versuch, die Mutter loszulassen. Wenn ihr euch mit einem oder mehreren dieser Themen nicht wohl fühlt: Lasst bitte die Finger davon. Denn trotz der nicht gerade einfachen Sprache und Form konnte das Gesamtwerk zumindest mich berühren.

Auch für Lyrik-Neulinge ist dieses Buch nicht geeignet. Diese Einschätzung treffe ich vor allem aufgrund der fehlenden Satzzeichen. Gleichzeitig werden durch Zeilenumbrüche und die Unterteilung in Strophen gerne auch mal Bedeutungseinheiten auseinander gerissen. Das machte die Lektüre um einiges schwieriger, bremste den Lesefluss und erschwerte das Verständnis. Das Buch ist deswegen aber nicht schlecht oder so. Aber es wird nicht jede Person ansprechen und wer sich hier nette Gedichte erwartet, ist an der falschen Adresse.
Für mich (die normalerweise unbedingt ihre Satzzeichen haben will und schnell von auseinandergerissenen Bedeutungseinheiten genervt ist) war das hier sogar passend. Denn genau so fühlt sich für mich Trauer an. Die Satzzeichen fehlen, alle Bedeutungseinheiten passen plötzlich nicht mehr so recht. In Phasen der Trauer muss ich plötzlich den Dingen in meinem Leben eine neue Bedeutung geben. Klar, vieles trifft noch weiter zu - ich bin weiter Mira, ich liebe die Verstorbenen weiter, auch wenn sie nicht mehr bei mir sind - doch gleichzeitig ist alles anders und aufgeteilt auf Vorher und Nachher. Und joa, genau diesen Prozess, dieses schmerzhafte Erlebnis symbolisiert diese Geschichte für mich.

Mein Fazit? Ein spannender, schmerzhafter und anspruchsvoller Lyrikband zum Thema Trauer und Abschiednehmen.

Dienstag, 12. November 2024

Das Philosophenschiff

 Autor: Michael Köhlmeier
Erschienen am 29.1.2024
Im Hanser Verlag
ISBN: 9783446282377
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Mit diesem großen Werk schließt Michael Köhlmeier an seinen Bestseller „Zwei Herren am Strand“ an. Zu ihrem 100. Geburtstag lädt die Architektin Anouk Perleman-Jacob einen Schriftsteller ein und bittet ihn darum, ihr Leben als Roman zu erzählen. In Sankt Petersburg geboren, erlebt sie den bolschewistischen Terror. Zusammen mit anderen Intellektuellen wird sie als junges Mädchen mit ihrer Familie auf einem der sogenannten „Philosophenschiffe“ auf Lenins Befehl ins Exil deportiert. Nachdem das Schiff fünf Tage und Nächte lang auf dem Finnischen Meerbusen treibt, wird ein letzter Passagier an Bord gebracht und in die Verbannung geschickt: Es ist Lenin selbst."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Bitte erinnert mich daran, dass ich mich in Zukunft von Buchpreisen aller Art fernhalte, zumindest was mein privates Lesevergnügen angeht. Denn davon habe ich leider aktuell eher weniger. Und das finde ich super schade, denn eigentlich habe ich ein paar der Nominierten gerade deswegen angefragt: Weil sie für einen sehr wichtigen Buchpreis nominiert wurden und ich mal wieder Lust auf eine anspruchsvolle Lektüre hatte. Liebesromane sind zwar toll, aber ich brauche meine bunte Mischung, um zufrieden zu sein. Joa, in Zukunft verlasse ich mich bei der Suche nach anspruchsvollen Empfehlungen doch lieber auf mein Bauchgefühl.

Ich hatte große Hoffnungen für dieses Buch. Sehr große. Michael Köhlmeier ist eine große Nummer und auch ich habe schon Texte von ihm gelesen und genossen. Also war ich mir eigentlich sicher, dass dieses Buch hier kein großes Risiko sein wird. Ich war mir sicher, dass ich es mögen würde. Tja, falsch gedacht. Dieser Roman hat mich einfach nur gelangweilt. Die Zeit hätte ich besser verbringen können. Schade, aber von einem so wichtigen Autor und dem Deutschen Buchpreis hätte ich mehr erwartet. 

In diesem Buch passiert sehr viel, doch die beteiligten Figuren lässt das kalt. Es können die grausamsten Dinge passieren (teils wird sogar Folter beschrieben - oder sollte ich es Mord nennen? Bin mir nicht sicher, was hier der richtige Begriff ist!), doch der lockere Plauderton, der überall herrscht, wird beibehalten. Und dadurch, dass es den Figuren offensichtlich egal war, schaffte ich es auch nicht wirklich, mich für die Geschichte oder die Entwicklungen zu interessieren.

Im Zuge der Handlung kommt es zu einer Verschmelzung von Fiktion und Realität. Mir ist aber nicht ganz klar, was davon real und was erfunden war. Und dieses Buch macht zumindest mir nicht unbedingt Lust, groß Recherchearbeit zu leisten. Ich finde, hier wäre ein entsprechendes Nachwort eine gute Ergänzung gewesen.

Für problematisch halte ich hier auch die Darstellung Lenins als liebe und harmlose Großvater-Figur. Ich denke, wer ein Geschichtsbuch lesen kann, wird schnell sehen, dass Lenin für sehr viel Leid verantwortlich war. Das durch ihn mitgeschaffene Terrorregime wird hier sogar gezeigt und beschrieben - siehe oben, teils sogar mit ekelhaften Details. Und trotzdem freundet sich die zu diesem Zeitpunkt noch jugendliche Protagonistin mit Lenin höchstpersönlich an. Daher ist diese Darstellung für mich absolut unverständlich - und wirkte auf mich sehr befremdlich.

Mein Fazit? Leider gar nicht mein Fall.

Montag, 11. November 2024

Dunkle Künste und ein Daiquiri [Hörbuch/Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Uuuuund der Preis für das Beste Standdesign auf der Frankfurter Buchmesse geht an... diesen Verlag hier! Den Second Chances Verlag! Die haben nämlich eine Bar nachgebaut und ich gehe mal ganz stark davon aus, dass das die Gilde-Bar ist, in der Tori arbeitet. Gefragt habe ich nicht, aber dadurch, dass der Fokus der Aussteller doch eher stark auf diesem Buch lag (nochmal: meine objektive Wahrnehmung und Interpretation!), gehe ich mal ganz stark davon aus.

Diesen zweiten Teil habe ich sehnlichst erwartet - wohl wissend, dass zweite Bände immer ein bisschen schwächer sind als ihre Vorgänger. Das war auch hier so, aber das finde ich nicht tragisch. War immer noch gut.

Wir tauchen hier tief in Toris Hintergrundgeschichte und Psyche ein. Als sie erfährt, dass ein Mädchen von Zuhause weggelaufen ist und dann von einem gefürchteten Druiden namens "Der Geist" entführt wurde, handelt sie, ohne lange darüber nachzudenken. Immerhin erkennt sie sich selbst in dieser Geschichte wieder. Auch sie war als Kind eine Ausreißerin und hat leider nie die Hilfe bekommen, die sie gebraucht hätte. Das soll nicht noch einem anderen Mädchen passieren! Also beschließt sie, sich selbst als hilflose Jugendliche auszugeben und so den Druiden zu sich zu locken. Sie wird das Mädchen retten - und wenn sie bei dem Versuch draufgeht! Aber natürlich geht alles schief und Tori wird zur Gefangenen des Druiden. Aber ist wirklich alles so, wie es scheint? Kurze Antwort: Natürlich nicht. Und genau das mag ich an der Reihe.

Generell habe ich in diesem Band aber die drei Chaosmagier aus Teil 1 vermisst. Aber naja: Vielleicht darf ich ja im nächsten Buch wieder mehr Zeit mit ihnen verbringen.

Auch dieser zweite Band hat mir gut gefallen. Ich mag Tori und ihre Art sehr. Und ich mag auch die Sprecherin des Hörbuchs, Yesmin Meisheit, sehr, sehr gerne. Ich würde inzwischen sogar so weit gehen und sagen, dass das eine meiner Lieblingssprecherinnen ist.

Mein Fazit? Gelungene Fortsetzung.