Freitag, 13. September 2024

That Girl [Hörbuch]

Autorin: Gabriella Santos de Lima
Erschienen am 19.3.2024
Im Harper Collins Verlag
ISBN: 9783749906628
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Sie wusste nie, wer sie war. Das war ihr Geheimnis. Avocadotoast zum Frühstück, Coworking im Lieblingscafé, abends zum Pilates in Hannovers Szenestadtteil Tess Raabe ist ein That Girl, schön, erfolgreich, glücklich, und all das hält sie in ihren Vlogs fest, die sie auf ihrem erfolgreichen Social-Media-Account teilt. In ihrem Buch DATE ME schreibt sie über Tinderdates, sie tritt für die richtigen Werte ein, predigt Selbstliebe – und alle kaufen es ihr ab, schließlich ist Tess authentisch und nahbar. Doch der Schein trügt, und das fällt Tess besonders dann auf, als sie Leo kennenlernt. Leo, der ihr den Kopf verdreht, Leo, mit dem sie so viel Spaß hat, Leo, der sich nicht entscheiden kann. Er wirft alles über den Haufen, was Tess zu sein vorgibt, und so muss sie sich am Ende die Frage Wer ist sie eigentlich wirklich, und welche Rolle spielt da die Liebe?"
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Ich glaube, keine junge Frau, die irgendwie mit Social Media in Kontakt ist, hat den Trend um "That Girl" in den letzten Jahren nicht mitbekommen. Für alle, die das irgendwie doch verpasst haben (ihr Glücklichen!): That Girl ist eine Frau, die scheinbar perfekt ist. Sie steht jeden Morgen früh auf und ist dann direkt produktiv, ihre Wohnung ist immer sauber, sie sind immer perfekt geschminkt, essen nur gesund und haben wunderbar ästhetische Freizeitbeschäftigungen. Sie führt ein Dankbarkeitstagebuch, hat ein funktionierendes Bullet Journal, eine wunderbare Beziehung und nie fettiges Haar. Needless to say: Ich bin kein That Girl. Und du, die du diesen Blogpost gerade liest, sehr wahrscheinlich auch nicht. Denn That Girl ist eine Kunstfigur, geschaffen vom performativen Perfektionswahn auf den Sozialen Medien. Nicht mal die jungen Frauen, die ihre Videos und Fotos mit #ThatGirl markieren, sind That Girl. Denn das ist ein unerreichbares Ideal, dem man zwar nacheifern kann, das aber für keinen Menschen wirklich eine realistische Zukunftsoption ist. Hate to break it you.

So, nachdem wir das geklärt haben, ab zur Rezension. Hier geht es um Tess (die ich sofort ins Herz geschlossen habe) - und auch Tess ist eigentlich kein That Girl. Doch sie gibt ihr Bestes, um online so zu wirken, denn sie verdient so ihren Lebensunterhaltung. Sie ist Influencerin und hat ein Buch über ihre Tinder Dates veröffentlicht. Doch während sie sich auf Anraten ihrer Lektorin ein Happy End für ihr Buch ausgedacht hat, gibt es das in ihrem echten Leben leider nicht. Gerade hat sich wieder ein Typ von ihr getrennt, aber weigert sich die Fotos von ihr zu löschen, die er während sexuellen Handlungen ohne ihr Einverständnis von ihr gemacht hat. Leo wiederum wirkt da wie ein viel besserer Mann. Er ist sympathisch, witzig und hat immer die perfekten Avocados daheim. Aber ist er wirklich so ein toller Fang, wie es Tess in den ersten Wochen vorkommt?

Dieses Buch ist zynisch und ironisch-bissig - und ich habe es geliebt! Die Geschichte wirkte auf mich authentisch und ich fühlte mich trotz des ernsten Themas unglaublich wohl damit - denn ich fühlte mich über weite Abschnitte verstanden. Ich selbst hatte ebenfalls schon mehr als genug Tinder, Bumble und ähnliche Dates und ganz ehrlich? 90 Prozent davon sind schrecklich. Ich könnte selbst bereits ein Buch darüber schreiben, aber das wäre wohl extrem langweilig und würde euch wohl dazu bringen, vor Zorn zu implodieren. Mein Highlight vom letzten Date? Der Typ hat mir einen Vortrag darüber gehalten, warum es keine richtigen Männer in unserer Gesellschaft mehr gibt - und hat das an Nagellack festgemacht. Joa, der ist bis heute die Lieblingsanekdote vieler Leute in meinem Freundeskreis. Wenn die Typen, die Tess so kennengelernt hat, ähnlich drauf sind, verstehe ich, dass ihr Buch darüber gut ankommt. Würde ich mir sofort auch kaufen!

Dieser Roman startet sehr stark und fesselnd und mit vielen tollen Zitaten. Auch der Mittelteil ist genial. Das Ende war etwas schwächer, aber trotzdem noch gut. Ich denke der Hauptgrund, warum ich davon nicht ganz so begeistert war wie vom Rest der Geschichte, ist die Tatsache, dass ich das nicht erwartet habe. Ich hätte mit einem anderen Abschluss gerechnet. Jetzt, wo ich ein bisschen Abstand zur Geschichte habe, glaube ich aber, dass die Entscheidung, das Ende so zu gestalten, eine gute war. 

Mein Fazit? Ein wirklich toller Roman über das Leben mit und auf Social Media!

Mittwoch, 11. September 2024

Wolke sieben ganz nah

Autorin: Kirsty Greenwood
Erschienen am: 2.7.2024
Im Knaur Verlag
ISBN: 9783426448878
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Was tun, wenn du die Liebe deines Lebens erst nach dem Tod findest?

Mit 27 Jahren in ihrem leicht peinlichen Nachthemd an einem Mikrowellen-Burger zu ersticken, stand definitiv nicht auf Delphi Bookhams To-do-Liste. Trotzdem findet sich die Londonerin genau auf diese Weise im Nachleben wieder – das leider ganz und gar nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt hatte.

Nichts scheint im Jenseits so richtig zu funktionieren, angefangen bei der verkratzten VHS-Kassette, auf der Delphi sich die High- und Lowlights ihres Lebens anschauen soll. Doch dann steht sie plötzlich dem attraktivsten Mann gegenüber, dem sie je begegnet ist. Als sein umwerfendes Lächeln sie gerade für alles zu entschädigen scheint, wird der Fremde jedoch mit dem Kommentar »großer Fehler« auf die Erde zurückgeschickt!

Aber anders als in ihrem irdischen Dasein ist Delphi diesmal nicht bereit, sich einfach so mit ihrem Pech abzufinden …"
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Wisst ihr noch damals, als ich überzeugt war, Liebesromane nicht ausstehen zu können? Ja, ich bin ebenfalls froh, dass diese Zeiten vorbei sind. Sonst hätte ich diesem Buch nämlich nie eine Chance gegeben - und das wäre ein Riesenverlust!

Hier geht es um Delphi, die ich schon nach wenigen Seiten ins Herz geschlossen habe. Sie erstickt an einem Burger und stirbt so. Und muss feststellen, dass das Jenseits ganz anders ist als das, was sie sich vorgestellt hat: Alles sieht aus wie in einem Wäschesalon und ihre Therapeutin Merritt ist nicht unbedingt so feinfühlig, wie man sich eine Jenseits-Therapeutin so vorstellen würde. Und nachdem Delphi beim Abspielen aller Lowlights ihres eher langweiligen Lebens schon fast durchgedreht ist, trifft sie auch noch ihre wahre Liebe im Warteraum - der aber nur irrtümlich hier gelandet ist. Doch Delphi hat Glück: Merritt ist vernarrt in Liebesromane und kann sich diese Chance nicht entgehen lassen. Und so bekommt Delphi doch nochmal eine zweite Chance und zehn Tage Zeit, um diesen Traummann dazu zu bringen, sie zu küssen. Schafft sie es, darf sie noch ein bisschen weiterleben. Wenn nicht, stirbt sie nochmal...

Delphi war mir sofort sympathisch. Sie hatte es bisher im Leben nicht leicht und hatte immer schon damit zu kämpfen, mit anderen Menschen zurechtzukommen. Deswegen hat sich auch nicht besonders viele Freundschaften - ihr Vertrauen in andere Menschen hat sie schon zu Schulzeiten verloren. Es war schön, mitzuerleben, wie sie in diesen zehn Tagen es endlich wieder mal wagt, andere Menschen mal wieder in ihr Leben zu lassen. Dieses Buch vermittelt so ein unglaublich positives Menschenbild, dass das sogar mich Zynikerin beeinflusst hat. Und das, ohne nur tolle, perfekte Menschen zu zeichnen.

Vor dem Lesen hatte ich ein bisschen Sorge, dass das Thema Tod hier geschmacklos behandelt werden würde. Doch das war zumindest meiner Meinung nach nicht der Fall. Es handelt sich natürlich um eine romantische Komödie, aber der Humor ging meiner Ansicht nach nicht unter die Gürtellinie. Gebt aber bitte nicht zu viel auf meine Wahrnehmung - gerade dieses Thema ist eines von denen, die wohl jeder Mensch ein bisschen anders wahrnimmt. Während es für mich auch in Zeiten der Trauer voll in Ordnung ist, zu lachen, sich mit Freund:innen zu treffen, zu tanzen und bunte Kleidung zu tragen, sehen das andere ganz anders. Auch für mich ist der Tod traurig, aber das Leben mit offenen Armen zu begrüßen, ist die Strategie, die mir am meisten dabei hilft, mit Verlusten umzugehen und mich an meine Verstorbenen auf eine positive und produktive Art zu erinnern. Klar fließen da auch Tränen (verdammt, ich weine ja selbst jetzt gerade wieder), aber trotzdem finde ich, dass Spaß und Humor trotzdem Teil eines Lebens sein dürfen, selbst wenn dieses Leben gerade von einem Verlust oder sogar der eigenen Sterblichkeit überschattet wird. Und dieses Buch hatte einfach den perfekten Humor für den Umgang mit dem Thema: Leicht zynisch, liebenswürdig, manchmal eine Prise Slapstick, und meistens einfach wunderbar nachvollziehbar.

Das Ende dieses Romans war für mich vorhersehbar - doch die Autorin hat es geschafft, einen Twist einzubauen, den ich so nicht erwartet hätte. Und selbst diese Vorhersehbarkeit hat mich nicht gestört. Ich hatte meinen Spaß - und was sonst ist bitte wichtig?

Lobend hervorheben möchte ich auch eine Behauptung, die ganz zu Beginn des Buches von Merritt aufgestellt wird und die ich sehr schön finde: Jeder Mensch hat fünf Seelenverwandte. Ist das nicht wundervoll??? Und sowas Wunderschönes finde ich in einem Liebesroman? Einem Genre, das normalerweise die eine wahre Liebe feiert? Wunderbar!

Mein Fazit? Ein wunderbarer Liebesroman!

Sonntag, 1. September 2024

Musterbruch. Überraschende Lösungen für wirkliche Gleichberechtigung

Autorin: Patricia Cammarata
Erschienen am 7.2.2024
Im Beltz Verlag
ISBN: 9783407867766
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag


Klappentext:
"Wer heute gleichberechtigt leben will, kann nicht auf die Politik von morgen warten, sondern muss selbst handeln. Doch wie macht man das, aus eingefahrenen Geschlechtermustern in Partnerschaft, Sorge- und Erwerbsarbeit ausbrechen? Die Autorin des SPIEGEL-Bestsellers »Raus aus der Mental Load Falle« und Diplompsychologin Patricia Cammarata gibt Bereitwilligen den sprichwörtlichen Vorschlaghammer in die Hand, um trotz eines nervig unbeweglichen Systems neue Wege zu ebnen. Alltagstaugliche Ideen vermitteln, wie man z.B. Verbündete findet, hartnäckige Stereotype entlarvt, Haushaltsaufgaben gerecht verteilt, richtig kommuniziert, gleich wenig arbeitet und gegen den Strich denkt. Es ist höchste Zeit, dass der Musterbruch nicht nur im Kopf, sondern endlich auch im Alltag stattfindet."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Meiner Rezension voran: Ich bin nur teilweise die Zielgruppe für dieses Buch. Zwar möchte ich früher oder später Familie, aber aktuell habe ich weder einen Partner, noch ein Kind. Das "teilweise" kommt also eigentlich nur daher, dass ich mir das für die Zukunft wünsche. Lesen wollte ich dieses Buch trotzdem - vor allem, weil mir nicht klar war, dass hier der Fokus auf dem Zusammenleben (in diesem Buch genauso wie in vielen anderen Büchern zum Thema meist zwischen Mann und Frau) in einer Partnerschaft liegt. 

Ich dachte, dass die Themen weiter gefächert sind, denn Verbündete kann man sich ja auch im Arbeitsleben suchen, Stereotypen begegne ich auch im Amt und richtige Kommunikation ist in jeder Art von Beziehung wichtig, und nicht nur in romantischen Beziehungen. Dass es hier tatsächlich um Care-Arbeit geht, wurde mir erst beim Lesen klar. Im Nachhinein lässt sich das jetzt irgendwie im Klappentext erkennen, aber vorher war das für mich nicht sichtbar. Und bitte versteht mich nicht falsch: Dieses Thema ist super wichtig! Für jede Person, nicht nur für Frauen. Wir alle sollten wissen, dass Care-Arbeit harte Arbeit ist und der Mental Load meist auf Frauen abgeladen wird. Aber ein Buch, das sich nur mit diesem Thema beschäftigt, hätte ich wohl nicht einfach so in die Hand genommen. 

Trotzdem war dieses Buch dann aber über weite Teile spannend für mich. Die Autorin hat es sich hier zur Aufgabe gemacht, verschiedene konkrete Handlungsideen vorzustellen, wie Gleichberechtigung in der Partnerschaft und im Familienleben gelingen kann. Dabei überzeugt sie mit Daten und Fakten, bietet Material zum Weiterlesen auf ihrer Website an und flicht geschickt auch Erlebnisse aus dem Alltag ihrer eigenen Familie ein. All das war für mich überraschend interessant. Gut finde ich auch die kurzen Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels - und die literarische Anspielung, die mich hier immer erwartete (So heißt dieser Kapitelabschnitt "des Pudels Kern").

Kritisieren möchte ich aber, dass hier teils Daten mithilfe einer Instagram-Umfrage ermittelt wurden. Zwar betont die Autorin, dass diese Umfrage nicht repräsentativ ist, aber trotzdem stellten sich da bei mir die Haare auf. Ich muss euch wohl echt nicht erklären, warum ich damit ein Problem habe, oder? Diese Art der Datenerhebung möchte ich einfach nicht in einem Sachbuch sehen. Mit Wissenschaftlichkeit hat das nichts zu tun und das stört mich ganz gewaltig. 

Mein Fazit? Ganz interessant, aber auch nicht mehr. Schade.