Sonntag, 27. Oktober 2024

Die schönste Version

Autorin: Ruth-Maria Thomas
Erschienen am 16.7.2024
Im Rowohlt Verlag
ISBN: 9783644019799
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Die späten Nullerjahre, frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Die schönste Version erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, von der ersten großen Liebe, die alles richtig machen will. Bis es kippt. Wieder zurück in ihrem Kinderzimmer fragt Jella sich, wie es so weit kommen konnte. Sie schaut noch einmal genauer auf ihr Aufwachsen in der Lausitz. Kleinstadt und Kiesgruben, Gangsterrap und Glitzerlipgloss. Auf Freundinnen, die sie durch so vieles trugen. Und auf den Moment, in dem Yannicks Hände sich um ihren Hals schlossen.

Die schönste Version ist die Geschichte eines Erwachens, Erkennens, Anklagens, eine große Ruth-Maria Thomas schreibt über das Frauwerden, Frausein, von Körpern, Begierden und tiefen Abgründen. 

Mit stilistischer Brillanz, großer Leichtigkeit und Drastik erzählt Ruth-Maria Thomas in ihrem funkelnden Debütroman von den schönsten Dingen. Und den schrecklichsten."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Dieses Buch wurde für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert und wie alle anderen Nominierten ist ihre Leseprobe damit sofort auf meiner Prüfliste gelandet. Ich habe reingelesen, es für gut gefunden und das eBook angefragt. Und jetzt kommt die Rezension - und ja, ich weiß, dass der Preis inzwischen bereits verliehen wurde. Da ich aber sowieso nicht in der Jury sitze, macht das aber nichts, finde ich.

Dieses Buch macht mich sprachlos. Gewalt in der Familie kann wirklich jeden treffen und sieht immer unterschiedlich aus. Man hat bei dem Thema oft ein ziemlich genaues Bild vor Augen, aber die Realität ist kein Film. In der Realität erkennt man Gewalttäter nicht am Aussehen. Egal wie aber die Beziehung zwischen Täter und Opfer im echten Leben ist: Das Opfer hat nie Schuld. Egal, welche Gründe die Gewalt hat: Du verdienst Hilfe. Du verdienst eine Umgebung, in der du  sicher bist. In der du keine Angst vor Gewalt haben musst. Bitte such dir Hilfe. Es gibt Angebote online und offline, auch die Polizei ist ein Ansprechpartner.

Auch in diesem Buch geht es um Gewalt. Jella wurde von ihrem Freund gewürgt und flieht nach dem Vorfall zu ihrem Vater. Sie macht all das durch, was wohl viele Opfer durchmachen müssen. Sie erstattet Anzeige, zweifelt aber schon bald daran, ob das die richtige Entscheidung war. Durch die Attacke ihres Freundes hat sie körperliche, aber auch psychologische Folgen und sie hat Angst vor rechtlichen Konsequenzen, weil sie Yannik eine Pfeffermühle über den Kopf gezogen hat. Durch ihre Familie und ihre Freunde kommt es zu Gaslighting ("Das hat er doch sicher nicht so gemeint!"), es kommt zu Täter-Opfer-Umkehr ("Zu einem Streit gehören immer zwei dazu!"). Und auch sie selbst zweifelt bald an ihrer Wahrnehmung der Situation. Denn warum ist sie so lange geblieben, wenn ihr Leben mit Yannik so schrecklich gewesen sein soll? Und was ist mit den schönen Momenten ihres Lebens?
Parallel dazu folgt die Beschreibung, wie sich die Beziehung zwischen den beiden entwickelt hat - und an welchen Punkten sie vielleicht falsch abgebogen sind. Wer sich schon genauer mit Gewalt in der Beziehung beschäftigt hat, bemerkt schnell die ersten Warnsignale. Jella tut das nicht.

Besonders toll finde ich, wie Jella hier beschrieben wird. Denn sie ist nicht zerbrechlich und an einigen Stellen fast schon gemein. Ganz ehrlich? Manchmal fand ich sie unausstehlich. Und trotzdem wird hier ganz klar herausgearbeitet: Was Yannik getan hat, hätte er trotzdem nicht tun dürfen. Das finde ich gut, denn so kommen wir von diesem einen Narrativ der verletzlichen Frau als Opfer weg, die man sehr häufig in Medien zu diesem Thema findet.

Mein Fazit? Eine gute Geschichte. Ich kann die Nominierung nachvollziehen. 

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Frankfurter Buchmesse 2024: Ich bin dabei!

 Hallöchen ihr Lieben!

Diesen Post schreibe ich mal wieder auf den allerletzten Drücker und natürlich auch nur, damit ich a) noch nicht damit beginnen muss, meinen Koffer zu packen und b) damit ich nicht meine Masterarbeit schreiben muss. Denn ja, die ist immer noch nicht abgegeben und ja, ich möchte auf den Zugfahrten der nächsten Tage endlich mal ordentlich was weiterbringen. Ihr erkennt mich also dieses Mal nicht nur am Namensschild, den kurzen braunen Haaren und dem hübschen grünen Blazer, sondern vor allem auch an den roten, übermüdeten Augen. Ups!

"Warum der Blazer?", fragt ihr euch jetzt wahrscheinlich. "Mira, eine Jogginghose reicht doch auch! Das ist eine Messe, kein Bewerbungsgespräch." Also erstens hatte ich bei meinem letzten Bewerbungsgespräch meinen schwarzen Blazer an, nicht den grünen. Und zweitens: Nein, diesmal reicht eine Jogginghose nicht. Denn wie ich euch im Februar bereits berichtet habe, arbeite ich jetzt für den besten Arbeitgeber aller Zeiten und bin deswegen hochoffiziell in meiner Funktion als Referentin für Leseförderung vor Ort. Ich darf am Freitag mit ein paar Verlegern quatschen, habe ein paar Unterlagen der Organisation dabei, für die ich arbeite und knipse hier und da ein paar Fotos. Am Freitagabend darf ich sogar die Vergabe des Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreises live vor Ort verfolgen. Ich bin super gespannt auf all das und hab mir schon jetzt zur Vorbereitung viel zu viele eBooks auf meinen Reader geladen. 

Aber natürlich brauche ich auch schon am Freitag meine Freizeit, deswegen habe ich mich zum KiWi-Bloggertreffen angemeldet. Ich freue mich sehr darauf, dort vielleicht mit manchen von euch zu plaudern!

Am Samstag habe ich dann Zeit für meine privaten Spinnereien vor Ort. Unter anderem steht ein Pitching beim Lagos Verlag an und falls jemand Interesse hat, könnt ihr mein Buch "Die Schauspielerin" beim Stand des BVJA kaufen. Oder ihr quatscht mich einfach an und wir machen einen Buchtausch. Das geht natürlich auch, ich bring ja nicht nur dieses eine Exemplar mit nach Frankfurt.

Ich habe mir natürlich schon eine halbe Millionen Veranstaltungen rausgeschrieben, bei denen ich dabei sein will. Aber joa, werden wir sehen, ob ich mir all die ansehe oder ob ich mich am Samstag lieber treiben lasse. Das werde ich spontan entscheiden und ein bisschen davon abhängig machen, wie viel Energie ich denn eigentlich noch habe und wieviel los ist. Letztes Jahr war es ja am Messesamstag unmöglich, selbst zu entscheiden, in welche Richtung man will.

Und dieses Jahr bin ich auch am Sonntag vor Ort, allerdings nur ganz kurz. Ich darf meine Mentorin nämlich dann endlich persönlich kennenlernen! Ich bin sowas von gespannt und freue mich enorm.

Ich freue mich auf jeden Fall schon jetzt darauf, ein Wochenende lang zu Networken, mit netten Leuten zu quatschen und schöne Erinnerungen zu sammeln. Sprecht mich einfach an, solltet ihr mich irgendwo sehen. Ich bin leicht zu erkennen: Namensschild, grüner Blazer (zumindest am Freitag), kurze braune Haare, plus-size, grün-blaue Augen, breites Grinsen im Gesicht. Ich beiße nicht (außer ihr ärgert mich - dann natürlich schon!).

Drückt mir die Daumen, dass die Deutsche Bahn weiter so brav ist, wie sie sich zumindest im Moment noch gibt. Nach der Katastrophe letztes Jahr (wir erinnern uns zurück: Kein einziger Zug ist so gefahren, wie ich es geplant hätte) macht es mich fast schon misstrauisch, dass bisher noch alles zu passen scheint. Was ist denn da los? Haben die ein schlechtes Gewissen oder kommt das dann morgen um 4 Uhr morgens?

Wir werden es auf jeden Fall sehen. Und ich hoffe, euch zu sehen! Cheesy, I know, but it's true!

Alles Liebe und vielleicht bis in Frankfurt,

Mira

Montag, 14. Oktober 2024

Unbequem [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Was erwartet ihr, wenn ihr dieses Buch anseht und euch vielleicht sogar den Klappentext durchlest? Ich persönlich erwartete ein gesellschaftspolitisches Buch, ein unbequemes Buch, ein Buch, das mich tagelang nicht mehr los lässt. Ich habe ein Buch voll Feminismus, Gerechtigkeitssinn und Politik erwartet.

Joa, in der Praxis habe ich leider keine Ahnung, worum es hier ging. Das ganze Buch ist ziemlich chaotisch aufgebaut. Eine klare Linie konnte ich nicht erkennen - und besonders viel Gesellschaftspolitisches habe ich hier auch nicht gefunden.

Bevor ich an die Kritik komme: Tatsächlich fand ich manche der Tipps nicht unbedingt schlecht. Vor allem das Thema Gewaltfreie Kommunikation ist für mich immer interessant. Wer gerade neu damit beginnt, sich mit diesen Themen zu beschäftigen, kann hier vielleicht noch Neues lernen. Generell wurde aber auch hier für mich der Wunsch sichtbar, so bequem wie möglich unbequem zu sein. So bequem wie möglich zu widersprechen. Wer verbal oder auch körperlich angegriffen wird, diskriminiert wird oder miterleben muss, wie andere diskriminiert werden, darf meiner Meinung nach auch mal auf den Tisch hauen. Ich denke, das ist ziemlich normal - irgendwann kocht man über. Das entschuldigt natürlich keine Gewalt, aber das ist euch wohl eh bewusst. Aber ich finde es falsch, diesen Opfern von Diskriminierung dann zu sagen: "Hast du es eigentlich schon mal mit Gewaltfreier Kommunikation versucht? Vielleicht würdest du damit viel mehr erreichen?" Klar, kann ein gutes Werkzeug für manche Situationen sein. Aber es ist kein Allheilmittel.

Dieses Buch will sehr viel sein. Durch die fehlende Einschränkung ist es für mich nicht unbedingt als Ratgeber brauchbar.

Und, wie ich es aktuell häufig kritisiere: Auch hier war mir persönlich zu viel Anekdotisches und zu wenige knallharte gesellschaftspolitische Fakten.

Mein Fazit? Mir persönlich brachte diese Lektüre nicht wirklich war. Ich werde dieses Buch aber in den öffentlichen Bücherschrank geben - vielleicht bringt das Buch einer anderen Person mehr als mir.

Sonntag, 13. Oktober 2024

Bücher Liebe [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Mal wieder konnte ich nicht anders, als ein Buch aus dem Büro mit heim zu nehmen. Ihr habt ein neues Level an Bücherliebe erreicht, wenn ich auf die Metaebene wechselt und beginnt, Bücher über Bücher zu lesen. Ich liebe ja sowas. Bücher und alles drumherum sind meine Leidenschaft, von klein auf, also freue ich mich immer, mehr zu lernen.

Dieses Buch besteht aus unterschiedlichen Kurztexten zum Thema Bücher und Lesen. Am besten ist es wohl für Jugendliche ab 14 geeignet, aber auch für manche 12-Jährige könnte das schon passend sein. Das kommt aber natürlich auf das einzelne Kind an! Was euch diese Empfehlung auch sagen sollte? Ich bin nicht mehr ganz die Zielgruppe. Betrachtet diese Rezension also ein bisschen kritisch und denkt selbst nochmal darüber nach, ob dieses Buch euch oder euren Lieben gefallen könnte.

Hier findet ihr viele Infos über Berufe in der Buchwelt, darüber, wie Bücher eigentlich gemacht werden oder auch Anleitungen, wie man selbst mit dem Schreiben oder Bloggen beginnen kann. Man findet hier ein Kapitel über Analphabetismus oder eines über Dyslexie neben einem Interview mit einer Lektorin und einer Anleitung zum Buchbinden. Diese Mischung war einerseits super spannend, mir aber an manchen Stellen fast schon zu viel. Für mich persönlich wäre es schöner gewesen, weniger Themen zu behandeln und dafür bei diesen mehr ins Detail zu gehen, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Zwischen den Kapiteln finden sich hier auch immer wieder Ausfüllseiten. Es gibt Rätsel, aber auch Listen von unseren Lieblingsbüchern oder den schönsten Wörtern. Das finde ich super! Was für mich aber nicht ganz klar wurde: Warum werden hier die Leser:innen in der zweiten Person Plural angesprochen? Das war für mich etwas irritierend, denn während dem Lesen und Ausfüllen war ich in den meisten Fällen doch alleine.

Mein Fazit? Ein schönes Geschenk für junge Buchliebhaber:innen. Hat kleine Schwächen, die aber nicht weiter stören.

Samstag, 12. Oktober 2024

Anny Bunny

Autorin: Nina Casement
Erschienen am 28.1.2023
Im Selbstverlag
ISBN: 9783757831219
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Anna ist eine Getriebene: Aufgewachsen im Berliner Plattenbau, lernt sie von klein an, sich mit dem Existenzminimum durchzuschlagen. Als ihre Eltern sterben, will sie der Armut um jeden Preis entkommen. Dafür sieht sie nur einen Weg: Pornostar zu werden. Selbstbewusst und mit unbarmherziger Disziplin stellt sie sich den Herausforderungen der Branche und vermarktet sich erfolgreich als "Anny Bunny". Doch derweil ihr Plan aufzugehen scheint, bleiben die physischen und psychischen Narben lange verborgen. Viel zu spät wird Anna bewusst, wie sehr das zerstörerische Frauenbild der Filme ihren Alltag beherrscht. Kann der Ausstieg in ein normales Leben gelingen?

Auch Phillip kämpft mit den sexuellen Erwartungen an ihn als jungen Mann, die seine Freunde mühelos zu erfüllen scheinen. Nach außen hin eine gewöhnliche Jugend erlebend, ist er innerlich zunehmend zerrissen und verunsichert - stimmt mit ihm etwas nicht? Ist er unfähig, eine glückliche Beziehung zu führen?

"Anny Bunny" nimmt den Leser mit auf eine Reise zu den Schattenseiten einer Industrie, die Lust verkauft, und erzählt aus zwei Perspektiven, die bislang kaum Beachtung finden."
Quelle: lovelybooks.de

Meine Meinung:
Wie viele Bücher über Sexarbeit kennt ihr so? Und wie viele davon sind keine Dark Romance Romane, in denen Sexarbeit romantisiert wird? Ganz ehrlich? Mir fällt spontan kein weiteres Buch ein. Deswegen habe ich auch gerne zugesagt, als die Autorin mir ihren Roman angeboten hat. 

Anna hat es nicht leicht und schon im ersten Kapitel wird sichtbar, wie düster ihre Gedankenwelt im Laufe der Geschichte noch werden wird. Da war ich erstmal ziemlich schockiert, denn ich hatte damit nicht gerechnet. Gleichzeitig aber hat mich dieser arge Einstieg neugierig gemacht. Was geht hier vor sich? Wie konnte es so weit kommen? Das erfahren wir bald, denn dieses Buch ist als eine Art fiktionale Biografie aufgebaut. Wir begleiten Anna von ihrer Kindheit bis sie circa 30 Jahre alt ist. Und schon bald konnte zumindest ich nachvollziehen, warum Anna davon träumt reich zu werden. Womit ja auch nichts falsch ist - aber ich glaube, die meisten von uns, wären nicht bereit dazu, Pornodarsteller:innen zu werden, nur um das große Geld zu machen. Also zumindest ich wäre das ganz sicher nicht. Anna aber möchte ihr Glück versuchen - und lernt schon bald auch die düsteren Seiten des Geschäfts kennen.
Während sich das erste Drittel des Buches noch eher langsam aufbaute, entwickelt sich der Rest der Geschichte um einiges schneller. Es lohnt sich also, dranzubleiben!

Was ich hier sehr gut finde, ist, wie menschlich Anna trotz all ihrer Erlebnisse bleibt. Und sie erlebt hier wirklich viel, das Geschäft der Pornos wird hier an keiner Stelle romantisiert oder auch sexualisiert, falls das irgendwie Sinn macht. Natürlich sind Pornos etwas sehr sexuelles, versteht mich nicht falsch, aber Anna ist trotzdem kein Sexobjekt. Sie ist nicht nur ihr Beruf und auch wenn sie gerade am Set ist, merken wir doch, dass das für sie nur das ist: ein Beruf. Sie findet es selbst nicht so besonders toll und anregend, an Pornos mitzuwirken, aber damit verdient sie halt ihr Geld - und sie verdient nicht mal besonders schlecht damit. In vielen Fällen ist es für sie sogar eher unangenehm, denn ihr Beruf hat leider wie bei vielen Menschen in der Branche auch für sie gesundheitliche Folgen. Die Beschreibung von diesen war für mich persönlich stark an der Schmerzensgrenze - aber trotzdem halte ich sie an dieser Stelle für passend. Seid aber gewarnt, dass ihr für dieses Buch starke Nerven braucht.

Eine zweite Person, die wir hier kennenlernen, ist Philip. Er glaub, dass mit ihm irgendwas nicht stimmt - denn eigentlich möchte er keinen Sex haben. Das war zu den Beschreibungen, auf die wir in Annas Kapiteln stoßen, doch ein eher krasser Kontrast - aber ich fand ihn auch gut. Ich hätte mir ehrlich gesagt sogar noch ein paar mehr Kapitel aus seiner Perspektive gewünscht. Asexualität ist in der Literatur so arg unterrepräsentiert! Es war eine Überraschung, hier ein Beispiel dafür zu finden, aber ich finde diesen Kontrast toll gelungen.

Mein Fazit? Ein gut gelungenes Buch. Es hat mich schockiert, aber ich habe es trotzdem gerne gelesen.

Freitag, 11. Oktober 2024

Iowa. Ein Ausflug nach Amerika

 Autorin: Stefanie Sargnagel
Erschienen am 19.12.2023
Im Rowohlt Verlag
ISBN: 9783644015784
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag


Klappentext:
"2022 tauscht Stefanie Sargnagel widerstrebend das bequeme Wiener Sofa gegen ein Flugticket in die USA ein. In Iowa soll sie an einem kleinen College mitten im Nirgendwo Kreatives Schreiben unterrichten. In der Kleinstadt mit 8000 Einwohnern gibt es außer endlosen nichts. Begleitet wird sie in der ersten Zeit von der Musiklegende Christiane Rösinger, gemeinsam machen sie sich auf, das Nichts zu erkunden. Sie finden schlechtes Essen, übergewichtige, freundliche Einheimische, Aasgeier und eine alte k.u.k.-Nostalgikerin. Einfach «die spezielle Elendskombi aus Einöde, Fastfood und Sonnenuntergängen hinter Tankstellen».

Stefanie Sargnagels Blick auf die USA ist so einzigartig wie ihr Schreiben; kompromisslos, sarkastisch und schonungslos ehrlich berichtet sie in ihrem typischen Sound über die amerikanische Einöde des Midwest und über die Lebensnotwendigkeit von Freundschaften."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Um dieses Buch bin ich seit seinem Erscheinen herumgezogen. Immer wieder mal hatte ich es in der Hand, hab mich dann aber doch noch für ein anderes entschieden. Monatelang. Dann wurde dieses Buch aber für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert, also sah ich das als mein Omen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für dieses Buch gekommen war.

Der Beginn meiner Leseerfahrung war dann (wie erhofft) super gut. Ich fand den Stil sehr lustig, konnte gut in der Geschichte versinken und fand Stefanie Sargnagel, die hier die Rolle der Protagonistin einnimmt, auch sympathisch. Und so freute ich mich darauf, mit ihr Iowa zu erkunden, Amerika so ein bisschen näher kennenzulernen und war gespannt darauf, was sie so entdecken würde.
Ungefähr bei der Hälfte änderte sich dann aber meine Wahrnehmung des Buches leider: Plötzlich begannen mich einige Aspekte daran zu nerven. Wie auch Sargnagel ist auch Christiane Rösinger, die zweite Protagonistin, eine real existierende Person. Genau wie auch Stefanie Sargnagel kenne ich Christiane Rösinger nicht persönlich und kann deswegen auch nur anhand dieses Berichts werten. Wahrscheinlich ist Rösinger in der Realität eine sympathische und spannende Person - in diesem Text wirkte das aber auf mich nicht so. Vor allem ihre Kommentare über die "jüngere" Generation gingen mir irgendwann leider nur noch auf den Geist. Ich weiß, dass das hier wahrscheinlich neben Erfahrungsbericht wahrscheinlich auch Satire sein soll. Und wie gesagt: Gerade zu Beginn hat das in meinen Augen auch funktioniert. Aber wenn sich die gleichen Themen dann ein ganzes Buch lang immer wieder wiederholen, dann wird das irgendwann langweilig und danach nervig.

Auch war ich überrascht, wie traurig die Stimmung dieses Buches eigentlich war, vor allem in der zweiten Hälfte. Ich erkenne hier keinerlei Lebensfreude und das finde ich schade - wäre doch in einem Text wie diesem so viel Möglichkeit dazu. 

Das letzte Drittel dieses Buches konnte ich gar nicht einordnen. Was war das denn? Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Erzählung mit der Abreise Christianes Enden zu lassen - denn so wirkte das alles ein bisschen planlos und willkürlich. Und sorgte dafür, dass ich selbst ein bisschen planlos zurückblieb - denn wie kann ich ein solches Buch bewerten?

Alles in allem war das kein schlechtes Buch, vor allem die erste Hälfte nicht. Aber so gut, dass ich eine Nominierung für den Deutschen Buchpreis nachvollziehen kann? Nein, leider nicht, zumindest in meinen Augen. Schade, aber das war meiner Meinung nach nur mittelmäßig.

Dienstag, 1. Oktober 2024

Immortal Longings [Abgebrochen]

Autorin: Chloe Gong
Erschienen am 28.9.2024
Im Klett-Cotta Verlag
ISBN: 9783608966268
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Jedes Jahr strömen Tausende nach San-Er, der gefährlichen, engbesiedelten Hauptstadt des Königreichs von Talin. Dort richtet der Palast jährlich eine Reihe tödlicher Spiele aus. Diejenigen, die sich ihrer magischen Fähigkeit, zwischen Körpern hin- und herzuspringen, sicher genug sind, können dort an einem Kampf auf Leben und Tod teilnehmen – mit der Chance, unvorstellbare Reichtümer zu gewinnen.
Prinzessin Calla ist untergetaucht, seit sie ihre Eltern ermordet hat, weil sie das Volk von Talin von der tyrannischen Königsfamilie befreien will. Nur eine Person steht ihr dabei noch im Weg: ihr extrem zurückgezogen lebender Onkel, König Kasa. Wenn sie die Spiele gewinnt, hat sie endlich die Chance, ihm nahe genug zu kommen, um ihn zu töten. Ihr gegenüber steht Anton, ein junger Mann, der sich tief verschuldet hat. Die Spiele zu gewinnen ist seine letzte Chance, seine im Koma liegende Jugendliebe und sich selbst vor seinen Schuldnern zu retten. Als Anton Calla ein unerwartetes Bündnis vorschlägt, entwickelt sich ihre Partnerschaft schnell zu einer leidenschaftlichen, alles verzehrenden Verbindung. Doch bevor die Spiele enden, muss Calla sich entscheiden, wofür sie spielt – für ihren Geliebten oder ihr Königreich. Denn egal was passiert, nur einer von ihnen kann das Spiel lebend verlassen..."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Uff, das war mal überhaupt nicht mein Geschmack. Es geht hier um die Spiele des Palasts des Königreichs von Talin. Das kann man sich ein bisschen so vorstellen wie die Hungerspiele, nur nochmal brutaler und mit freiwilliger Teilnahme. Außerdem dürfen die Teilnehmer:innen hier - im Gegensatz zu den Hungerspielen - einfach mal zwischendurch die Körper wechseln - und so Außenstehende, die nie an den Spielen teilnehmen wollten, mit ins Verderben reißen. Und das tun sie auch regelmäßig und einige riskieren dabei auch das Leben von KINDERN. 
 
Und ja: Das könnte spannend sein. Habe ich mir auch super spannend vorgestellt. Natürlich, sonst hätte ich dieses Buch ja auch nicht als Rezensionsexemplar angefragt. War es dann aber meiner Meinung nach in der Praxis nicht.

Das größte Problem hatte ich wohl mit den Figuren. Kein einziger Protagonist war irgendwie liebenswürdig oder sympathisch. Sie sind kaltblütige Killer. Stellt euch das in etwa so vor: die Hungerspiele aus der Sicht der Karrieros erzählt. Und auch das könnte spannend sein, war es hier aber nicht. Denn hier wird eine große Schwäche des Buches sichtbar: das Infodumping. Die Autorin scheint versucht zu haben, möglichst viel Informationen in die ersten hundert Seiten zu packen - zu den Figuren, dem politischen System, den Spielen und der Magie. Und trotzdem war mir auch nach diesen hundert Seiten nicht klar, was das eigentlich werden soll.
Und dazu kommt noch, dass es einfach wirklich viele Protagonisten und sonstige Figuren gibt. Ich hatte Probleme damit, mir zu merken, wer denn jetzt wer war. Dass zwei der Protagonisten August und Anton hießen, also beide mit A begannen und etwa gleich lange Namen hatten, war da dann natürlich auch nicht hilfreich.

Super problematisch fand ich auch den Aspekt des Körperwechselns. Versteht mich nicht falsch: Auch das könnte spannend sein - wenn die Konsequenzen dieser Fähigkeit reflektiert werden. Doch hier schien das auf gesellschaftlicher Ebene einfach achselzuckend hingenommen zu werden. Dass hier mehrfach beschrieben wird, wie Unbeteiligte ermordet werden oder in lebensgefährlichen Situationen landen, mit Drogen vollgepumpt werden, Straftaten begehen und so weiter und so weiter, nur weil irgendjemand mal wieder beschlossen hat, doch lieber den Körper zu wechseln, müsste meiner Meinung nach eine ungeheuer paranoide und misstrauische Gesellschaft als Ergebnis haben. Nicht mal Kinder lassen die Körperwechsler in Ruhe. Jetzt stellt euch mal vor, eine Person, die euch nahe steht, stirbt, wird verletzt oder bekommt eine schwere Krankheit, nur weil irgendein A**** beschlossen hat, sich mal eben diesen Körper auszuleihen. Doch das wird nicht reflektiert. Niemanden scheint das so wirklich zu interessieren. Das halte ich für nicht glaubwürdig. In einer Gesellschaft, wo einige Menschen eine solche Macht haben, ist ein normales Leben doch einfach nicht möglich! Wenn ich weiß, dass mir mein Körper gestohlen werden kann, sobald ich das Haus verlasse, tue ich das nicht mehr öfter als unbedingt nötig und vor allem nicht während dieses tödliche Spiel in der Stadt stattfindet. Denn das kommt noch dazu: Es gibt keine Arena oder so - die Teilnehmenden schlachten sich einfach in der Stadt ab. Zwischendurch gehen sie dann auch mal nach Hause und so. Sorry, aber das wirkte auf mich einfach nicht besonders durchdacht. 

Ganz ehrlich? Ich fand dieses Buch unglaublich langweilig - was ich bei diesem Inhalt eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Ihr kennt mich: Wenn mich ein Buch nach 100 Seiten noch so gar nicht überzeugt, dann breche ich ab. Und das war dann auch hier der Fall. 

Mein Fazit? Nope, das war mal ein kompletter Fehlgriff. Schade.