Samstag, 30. März 2024

Traumnovelle [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Uff, das wird jetzt wieder so eine Rezension, unter der mir auf allen Plattformen mindestens ein halbes Dutzend Männer erklären wird, warum ich mit meiner Meinung falsch liege und generell keine Ahnung von Literatur habe. Hier also nochmal als kleine Erinnerung an alle Typen, die es jetzt schon in den Fingern juckt, sich zu beschweren: Literatur ist mein Fachgebiet. Ich bin Expertin. Aktuell schreibe ich meine Masterarbeit im Fach Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften. Bitte erklärt mir nicht ein Thema, in dem ich mich in 99 Prozent der Fälle besser auskenne als ihr. Und: Ich sage hier, dass MIR ein Klassiker nicht gefallen hat und ich ihn für problematisch halte. Ich sage NICHT, dass NIEMAND diesen Klassiker gut oder lesenswert finden darf.

So, super, dass dieses Missverständnis jetzt aus dem Weg geräumt wurde und wir uns auf meine höchst subjektive Meinung konzentrieren können. Die ich im oberen Absatz schon gespoilert habe. Upsi.

Aber worum geht es denn überhaupt? Arzt Fridolin stellt im Gespräch mit seiner Frau Albertine fest, dass sie auf sexueller Ebene nicht ganz zufrieden mit der Beziehung ist und sich wünscht, dass sie sich vor der Ehe mehr ausprobiert hätte. Was sie aber natürlich nicht getan hat, denn als Frau hattest du zu dieser Zeit jetzt nicht so besonders viel Spielraum für Sex außerhalb der Ehe. Und wie reagiert man da als reifer und erwachsener Mann, der eigentlich bisher in seiner Ehe nicht unzufrieden war und die gemeinsame Tochter liebt? Richtig, man beginnt sein Leben und seine Frau aus ganzem Herzen zu hassen und dreht völlig am Rad. Was man halt so macht. Fridolin geht hier zu Prostituierten, auf Orgien und spielt sich als der große Verführer auf. Und dabei sexualisiert er wirklich jedes Mädchen und jede Frau, die ihm unterkommt. 

Und das ist mein größtes Problem mit dieser Geschichte. Dass ich die Sichtweisen von Männern aus klassischer Literatur nie ganz verstehe, ist für mich nichts Neues. Auch Sexismus und Sexualisierung von Frauen generell in älteren Büchern kommt sehr oft vor - und auch da bin ich inzwischen schon abgehärtet. Aber pädophile Tendenzen? Ekelhaft! Gehts noch? Und sowas gehört heute zum großen Kanon der Literaturgeschichte?! Ich will gar nicht wissen, wie oft hier Mädchen als "fast noch Kinder" beschrieben wurden und wie oft ihre Kindlichkeit hervorgehoben wurde. Und das dann einfach für die Hauptfigur das Attraktivste war, das ihm bei einer Person unterkommen kann. Und ja, sicher 75 Prozent des Plots waren leider Beschreibungen von viel zu jungen Mädchen. Ganz ehrlich: So ein Buch sollte man meiner Meinung nach aus dem Kanon streichen. Wir haben schon so viele Bücher mit problematischen Inhalten auf unseren Literaturlisten stehen, dass wir nicht auch noch ein Buch drauf haben müssen, das Kinder sexualisiert. Diese Funktion hat schon Goethes "Faust" für sich beansprucht.

Mein Fazit? Leider überhaupt nicht mein Fall. Ich fand es ganz ehrlich einfach ekelhaft.

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