Sonntag, 9. April 2023

Muss ich das gelesen haben? Was in unseren Bücherregalen und auf Literaturlisten steht - und wie wir das jetzt ändern

 Autorin: Theresa Reichl
Erschienen am 27.03.2023
Im Haymon Verlag
ISBN: 9783709981764
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag
Klappentext:
"Wie das Patriarchat über „wichtige“ Literatur entscheidet, unsere Weltsicht prägt – und warum wir jetzt etwas dagegen tun müssen
Beginnen wir mit einer beliebten Unwahrheit: Jugendliche wollen nicht mehr lesen. Absoluter Quatsch, sagt Autorin Teresa Reichl. Vielmehr ist es so: Wir müssen endlich mit den verstaubten Kanon-Listen und den ewig gleichen Autoren (!) aufräumen. Tun wir das nicht, gefährden wir die Zukunft des Lesens. Denn: Wie kann es sein, dass nur eine Perspektive zum Klassiker taugt? Wie sollen wir uns für Bücher begeistern, wenn Geschichten wieder und wieder und wieder aus einer ähnlichen Sicht erzählt werden? Wenn nur bestimmte Autoren (weiß, männlich, heterosexuell …) als große Literaten gefeiert werden? Am besten haben wir keine Meinung zu Klassikern, die von der allgemeinen abweicht, und falls doch, sind wir vielleicht einfach nicht „intelligent“ genug oder wir haben diese „hohe Kunst“ einfach nicht verstanden. Woher das alles kommt? Welcome to patriarchy! Ja, das Patriarchat hat überall Einfluss – auch auf das, was und wie wir lesen. Es ist deshalb Zeit für den nächsten logischen feministischen Schritt: Die Literatur und ihre Geschichte werden umgeschrieben. Werden divers. Werden endlich korrigiert.
Bam! Grundlagen, Alternativ-Kanon und geballtes Wissen: in verständlich und für alle!
Eine neue Sicht auf Literatur ist möglich und notwendig. Das beweist Teresa Reichl, indem sie Basics zur Literaturgeschichte klärt, die bestehende Riege der Klassiker gründlich prüft und einen ausgewachsenen Alternativ-Kanon entwirft. Wofür? Um zu zeigen, dass es Bücher (ja, auch alte!) von Autor*innen gibt, von denen immer behauptet wird, sie hätten nichts geschrieben. Um endlich neue Stimmen erzählen zu lassen. Die Autorin macht deutlich, dass es eine Offenheit braucht, die neue Bücher im literarischen Kanon zulässt. Um Blickwinkel zugänglich zu machen, mit denen sich Jugendliche, aber auch Erwachsene identifizieren können. Das hier ist der Anfang einer Literaturrevolte. Wie sie aussehen könnte? Steht in diesem lehrreichen, wütenden und zugleich witzigen Buch."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Wie ihr alle wisst, rezensiere ich auf meinem Blog immer wieder auch Klassiker. Für mich war das eine Trotzreaktion auf die Tatsache, dass viele Menschen Klassiker als unantastbar betrachten und auf eine Art Podest stellen. Leute, es sind nur Bücher. Ja, das sind Texte, denen wir als Gesellschaft einen besonderen Wert zuschreiben, aber trotzdem nur Texte. Wenn wir die auf ein Podest stellen, sie unantastbar machen und jede Kritik daran verbieten, steigt die Angst vor diesen Büchern. Wenn man die um jeden Preis mögen muss, weil sonst die eigene Intelligenz infrage gestellt wird, können Klassiker nur negativ wahrgenommen werden. Da lässt man dann lieber die Finger davon. Das war lustigerweise auch bei mir lange der Fall. Würde man wohl nicht glauben, dadurch, dass ich Literaturwissenschaft studiere, oder? Erst als ich mir erlaubt habe, Klassiker zu kritisieren, darüber zu schimpfen, zu lachen und sie als normale Bücher zu betrachten, haben sie angefangen, mir Spaß zu machen. Und auch die Frage "Muss ich das gelesen haben?" kann ich seitdem einfacher beantworten: Nein, du musst nichts gelesen haben. Außer du willst es lesen.

In diesem Sachbuch betrachtet Teresa Reichl Klassiker auf verschiedenen Perspektiven. Sie erklärt Fachbegriffe (Was ist eigentlich Literatur?), erklärt, wie ein Kanon entsteht und warum der aktuelle Kanon doch problematisch ist und kritisiert werden muss und macht Vorschläge, durch welche Bücher der aktuelle Kanon ergänzt werden könnte, um ihn diverser zu machen.

Besonders an diesem Buch ist vor allem sein Schreibstil. Dieses Buch richtet sich an Jugendliche und das merkt man auch. Die Autorin verwendet hier Slang, Dialekt, zitiert TikTok-Videos und Memes. Ich gehöre nicht mehr zur Zielgruppe und das habe ich auch deutlich gemerkt. Gerade zu Beginn hatte ich mit diesem Stil Probleme, gerade jüngeren Leser:innen könnte das aber gefallen. Mir selbst waren da zu viele Füllwörter, mit vielen der Fußnoten konnte ich nichts anfangen und die vielen Seitenhiebe gegenüber Thomas Mann hielt ich irgendwann für übertrieben. 
Auch gefallen könnte jüngeren Menschen Reichls Definition von Literatur, die um einiges weiter gefasst ist als meine eigene. So können für Reichl auch TikTok-Videos Literatur sein - eine Einstellung, die ich nicht wirklich teilen kann. Allerdings bin ich auf dieser App auch nicht wirklich aktiv und sehe nur Videos, die mir weitergeleitet werden. Wer weiß also schon, ob sich da nicht auch Hochwertigeres rumtreibt.

Mein Fazit? Mich würde es interessieren, wie dieses Buch bei der tatsächlichen Zielgruppe ankommt. Da gehöre ich nicht mehr ganz dazu. Ich mochte einige Aspekte dieses Buchs, mit anderen hatte ich meine Probleme.

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