Sonntag, 19. Juni 2022

Mary Shelley. Freiheit und Liebe

Autorin: Barbara Sichtermann
Erschienen am 22.02.2022
Im Osburg Verlag
ISBN: 9783955102777
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag


Klappentext:
"Dass der Roman Frankenstein das Werk eines jungen Mädchens von erst neunzehn Jahren war, hat die Öffentlichkeit fast zwei Jahrhunderte in aller Welt kaum zur Kenntnis genommen. Der Shootingstar war Frankensteins Kreatur, der künstliche Mensch, das Grauen erregende Monster. Dem Filmpublikum des 20. Jahrhunderts war das alles egal. Es ergötzte sich ein ums andre Mal an Horrorstreifen wie Frankenstein – klassisch 1931 mit Boris Karloff als Monster. 1994 kam ein Film mit Anspruch heraus. Kenneth Branagh spielte die Titelrolle und Robert de Niro die Kreatur. Der Film hieß: Mary Shelley's Frankenstein. Erst durch dieses Werk wurde Mary Shelleys Name nachhaltig in das Bewusstsein auch des Massenpublikums gepflanzt. Der Bann war gebrochen. Als sie ihren nachmaligen Geliebten, Gefährten und Gemahl 1814 kennen lernte, war sie sechzehn Jahre alt und wusste, dass der jugendliche Freund und Bewunderer ihres Vaters, der Dichter Percy Bysshe Shelley, verheiratet war. Sie brannte gleichwohl nur wenige Monate später mit ihm durch – die Reise ging auf den Kontinent, nach Frankreich, Italien und der Schweiz. Die acht Jahre, die Mary an Shelleys Seite verbrachte, waren geprägt durch drei große Reisen in den schönen Süden Europas, und all diese Exkursionen waren zugleich Fluchten: vor erzürnten Eltern, ungeduldigen Gläubigern und böswilligen Klatschmäulern. 1816 war das Jahr, in dem Byron vorschlug: »Lasst uns alle miteinander eine Gespenstergeschichte schreiben« und Mary diesen Wettstreit mit Frankenstein gewann. Schon 1822 verlor Mary ihren Mann wieder: Er ertrank vor der Küste von Viareggio."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Mit Mary Wollstonecraft Shelley habe ich mich im Zuge meines Studiums schon öfter beschäftigt und ich werde noch lange nicht damit aufhören. Diese Frau bzw. dieses Mädchen (ich vergesse immer wieder, wie jung Mary eigentlich war) hatte einen unglaublich großen Einfluss auf die Literatur und ich wünschte, sie hätte das miterlebt. Schon vor diesem Buch gehörte Mary zu den Menschen, die ich unbedingt mal kennenlernen möchte, sollte ich je eine Zeitmaschine in die Hände bekommen. Während ich dieses Buch gelesen habe, wurde dieser Wunsch noch viel stärker. Ich begann sogar schon davon zu tagträumen, wie Mary wohl auf die Möglichkeiten reagieren würde, die Frauen wie ich heute haben. In diesem Buch wird so oft erwähnt, wie sehr sich Mary sich gute Bildung für Mädchen und Frauen wünschte. Stellt euch doch mal vor, wie begeistert sie davor wäre, dass ich eine Universität besuche und sogar mehr Bildung genossen habe als viele Männer.

Ich denke, dass ich trotz meines Vorwissens über Mary Wollstonecraft Shelley eine sehr vereinfachte und wahrscheinlich auch romantisierte Version ihres Lebens im Kopf hatte. Mir war bewusst, dass Mary sehr früh mit dem Dichter Shelley durchgebrannt ist, der aber bereits mit einer anderen verheiratet war, und ich wusste auch, dass ihr das ihr Vater übel nahm und den Kontakt zu ihr abbrach. Ich wusste, dass Shelley Schulden hatte und nur wenige Jahre nach dem Kennenlernen starb. Ich weiß, dass "Frankenstein" gleichzeitig mit dem Fahrrad erfunden wurde und dass für beide Erfindungen ein Vulkanausbruch verantwortlich war. Diese Biografie geht aber noch um einiges mehr ins Detail. Ich wusste zum Beispiel nichts darüber, dass sie mehrere Kinder verloren hat. Ich wusste nicht wirklich viel über ihre Familie und kaum was über ihre Schwester, die das Paar auf ihren Reisen begleitet hat. Und ich hatte keine Ahnung, wie Shelley eigentlich so drauf war. Jetzt bin ich überzeugt davon, dass Percy Bysshe Shelley ein Narzisst war, der nur sich selbst gesehen hat und die Menschen um sich herum manipulierte und Mary vielleicht sogar am meisten. Da war so viel Toxisches in dieser Beziehung! Meine inneren Alarmglocken läuteten ununterbrochen. Wenn eine:r von euch das Gegenteil glaubt, könnt ihr gerne versuchen, mich davon zu überzeugen. Ich befürchte nur, dass ihr das nicht schaffen werdet.

Meiner Meinung nach hat Sichtermann bei der Recherche für diese Biografie ganze Arbeit geleistet. Ich habe das Gefühl, als würde ich Mary nun um einiges besser kennen als vor der Lektüre. Und Gott sei Dank wurden am Ende der Biografie auch alle Quellen aufgelistet. Mit dieser Liste werde ich mich in Zukunft auf jeden Fall noch länger beschäftigen.

Auch der Schreibstil war die längste Zeit sehr angenehm. Es handelt sich bei dieser Biografie um eine Romanbiografie, deswegen darf der Stil manchmal auch etwas kreativer und weniger sachlich sein. Nur an manchen Stellen wurde mir dann zu viel mit Einschüben und Gliedsätzen gearbeitet. Das erschwerte an diesen Stellen meiner Meinung nach dann auch die Verständlichkeit des Textes.

Aber alles in allem? Interessante Romanbiografie, die ich mit viel Interesse gelesen habe.

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