Donnerstag, 10. November 2022

Bereit für die Zukunft

 Autorin: Jane McGonigal
Erschienen am 21.09.2022
Im Penguin Verlag
ISBN: 9783328602576
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Wie wird unsere Welt in zehn Jahren aussehen? Welche Folgen werden Klimawandel, technologischer Fortschritt und gesellschaftliche Umbrüche haben? Die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen. Wir aber können uns auf das vorbereiten, was heute noch niemand kommen sieht. Mit verblüffend realistischen Szenarien lässt uns »Bereit für die Zukunft« die Fähigkeiten entwickeln, die es dazu braucht: Ein Denken, das auf unvorhergesehene Herausforderungen schneller reagiert; die Inspiration, heute die richtigen Weichen für unser Leben in der Zukunft zu stellen; die Kreativität, Probleme auf nie dagewesene Weise zu lösen. So gerüstet können wir selbstsicher auf künftige Entwicklungen reagieren, die jetzt noch unvorstellbar scheinen und sind damit in der Welt von Morgen allen anderen einen Schritt voraus. Ausgestattet mit einem Wendeumschlag: Wir entscheiden, wie unsere Zukunft aussieht!"
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Als sich durch Corona alles änderte, fühlte sich das für mich an, als wäre mein Leben zu Ende. Ich konnte nicht richtig verarbeiten, was da passierte. Plötzlich war da dieses Virus, von dem meine Mutter schon im Dezember angekündigt hatte, dass der auch nach Österreich kommen würde. In der nächsten Sekunde hielt ich einen Quarantänebescheid in der Hand und musste zusehen, wie meine Studienkolleg:innen plötzlich alle mit einem Virus krank wurden, den ich vor einer Woche noch nichtmal richtig ernst genommen hatte. Und dann ging alles schnell: Maskenpflicht, Lockdown, Onlineuni, grauenhafte Bilder von Massenbegräbnissen in den Fernsehnachrichten und in der Zeitung, Verschwörungstheorien online. Ich hatte Angst und war einfach überfordert. Und wie mir ging es wohl den meisten Menschen zu diesem Zeitpunkt. 

Jetzt leben wir schon seit mehreren Jahren mit diesem Virus (der immer noch real ist) und ich habe mich an ein Leben damit gewöhnt. Was mir in diesen Jahren aber klar wurde, ist, dass ich mich in meinem Leben nie wieder so hilflos fühlen möchte, wie ich es zu Beginn von Corona getan habe. Das ist auch das Ziel von Jane McGonigal: Sie möchte mit ihren Büchern und Kursen Menschen dabei helfen, sich auf das Unvorstellbare vorzubereiten. Sie vergleicht ihre Methode des episodischen Zukunftsdenkens mit Impfungen. Durch ihre Gedankenspiele soll eine Art Erinnerung an eine imaginäre zukünftige Situation abgelegt werden. Und diese Erinnerung kann dann im Ernstfall abgerufen werden, wenn es doch zum "Unvorstellbaren" kommt - und dann soll der erste Schock und die daraus entstehende psychische Belastung nicht mehr ganz so arg sein. Immerhin hat man das Szenario schonmal durchlebt, wenn auch nur in seinem Kopf. Funktioniert also wie Antikörper bei Impfungen.

Hört sich doch nach einem schönen Versprechen an, oder? Also wollte ich das auf jeden Fall mal ausprobieren. Wenn es nichts bringen sollte, dann wird es mir wohl auch nicht schaden. Also bin ich in den letzten Wochen in Zukunftsszenarien verschiedenster Art eingetaucht. Ich bin durch Supermärkte spaziert, in denen Obst und Gemüse kostenlos für alle waren, habe mich am Tag der Dankbarkeit mit tausend Euro bei einem Menschen bedankt, der das Leben von Zukunfts-Mira erleichtert und habe über die fünfprozentige Chance nachgedacht, dass mein Heimatort in drei Jahren von einem Asteroiden getroffen werden könnte. Aktuell befinde ich mich im Jahr 2033 und bereite mich dort auf einen zehnjährigen künstlich geschaffenen Winter vor, der den Klimawandel verlangsamen soll. Das ist das Abschlussprojekt, an dem ich arbeite: Ich beschäftige mich zehn Tage lang mit diesem Szenario und lasse mein Zukunfts-Ich Tagebucheinträge verfassen.

Für mich besonders spannend war, wie sich meine Vorstellungen im Laufe des Buches entwickelt haben. Zu Beginn habe ich mich bei vielen Szenarien überfordert und hilflos gefühlt. Wie damals in den ersten Wochen von Corona. Bei meinem Abschlussprojekt sieht das schon anders aus: Mein Zukunfts-Ich recherchiert online und in der Bücherei über das, was uns bevorsteht, legt Vorräte an und spaziert mit ihrer Tochter (die heute noch nicht existiert und auch in der nahen Zukunft nicht existieren wird, in zehn Jahren laut meinem Gehirn aber schon) auf einen Berg, damit sie ihr vor diesem Winter die wichtigsten Sternbilder zeigen kann. Schön ist dieses Szenario immer noch nicht, aber ich bin nicht einfach nur noch eine passive Beobachterin, sondern arbeite aktiv daran mit, diese Situation so erträglich wie möglich zu gestalten. Mein Zukunfts-Ich ist von einer reinen Schablone zu einer Persönlichkeit geworden, die mir sympathisch ist und für die ich nur das beste möchte. Zu Beginn konnte ich gar nicht so weit in die Zukunft denken. Ich weiß, dass da hoffentlich eine Mira existieren wird, aber sie war für mich so weit weg, dass sie keine wirkliche Rolle spielte. Das ist jetzt anders. Ich mag Zukunfts-Mira, wie sie in meinen Vorstellungen ist. Nicht weil sie ein perfekter Tagtraum ist, das ist sie ganz sicher nicht. Aber sie fühlt sich nach mir an, nicht nach einer Fremden. Allein wegen dieser Entwicklung hat sich die Lektüre für mich gelohnt.

Ob diese Übungen tatsächlich etwas bringen und in Zukunft dafür sorgen, dass ich mich bei "undenkbaren" Nachrichten weniger hilflos fühle, werden wir sehen. Vielleicht danke ich mir in zehn Jahren dafür, dass ich dieses Buch gelesen habe, vielleicht hab ich keine Erinnerung mehr daran. Wir werden es sehen. Was auf jeden Fall passieren wird: Ich werde in zehn Jahren eine Online-Buchpräsentation der Autorin besuchen, zu der sie im Schlusswort dieses Buchs eingeladen hat.

Mein Fazit? Durch dieses Buch konnte ich total spannende Experimente ausprobieren, an denen ich sonst nicht teilgenommen hätte. Das war für mich ein komplett neues, aber sehr interessantes Erlebnis, das ich euch unbedingt auch empfehlen möchte.

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