Dienstag, 30. August 2022

Dunkelheit. Eine Liebeserklärung an den Nachthimmel

 Autorin: Sigri Sandberg
Erschienen am 10.08.2022
Im btb Verlag
ISBN: 9783442770212
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Wann haben Sie zum letzten Mal die Sterne gesehen?

Im Winter ist Norwegen in Dunkelheit getaucht. Aber ist das auch wirklich der Fall? Zwei Drittel der Norwegerinnen und Norweger, wie auch 80 Prozent der Menschen in Nordamerika, können nachts die Milchstraße nicht mehr sehen. Straßenlaternen, Neonlichter und Bildschirme erhellen den Himmel und machen es unmöglich, etwas im Nachthimmel zu erkennen. Solange sie denken kann, hat Sigri Sandberg Angst vor der Dunkelheit. Mitten im Winter begibt sie sich allein auf eine Reise in die Berge, um sie zu erleben und zu verstehen, was hinter der Angst steckt. Auf ihrer Reise macht sie uns mit einer besonderen Frau bekannt: Christiane Ritter, die 1934 einen ganzen Winter in einer Trapperhütte in Spitzbergen verbrachte."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Ich mag die Nacht. Während die Autorin dieses Büchleins bei der Vorstellung, eine Woche in einer einsamen Hütte abseits der Zivilisation während der Polarnacht zu verbringen, totale Angst bekommt, hätte ich zumindest mit der Dunkelheit kein Problem. Die Tatsache, dass ich weit weg von der Zivilisation und doch eher tollpatschig bin, würde mir mehr Sorgen bereiten. Die Dunkelheit stelle ich mir sogar recht schön vor. Nicht wegen der Dunkelheit, sondern weil ich dann endlich mal ordentlich die Sterne beobachten könnte. Ich gehöre nämlich zu den Menschen, die nachts keine Milchstraße sehen können. Das letzte Mal habe ich sie wohl vor zwei Jahren gesehen. Da war ich auf der Berghütte eines Freundes, keine Wolke war am Himmel und das Licht aus dem Tal störte uns auch nicht wirklich. Da waren so viele Sterne über mir, dass ich nur noch mit sehr viel Mühe Sternbilder erkennen konnte. Ich starrte nach oben, bis mein Nacken keine weitere Sekunde mehr erlaubte.

Die Autorin und ich haben also eine ziemlich unterschiedliche Ausgangssituation. Trotzdem hat sie es gewagt, zu dieser Hütte zu reisen und dort eine Woche zu verbringen. Und während sie dort Zeit verbringt, erzählt sie uns mehr darüber, warum die Dunkelheit wichtig für Menschen ist. Dass ich um 9 Uhr Abends keine Rezensionen mehr tippen sollte, weil das Blaulicht den Schlaf stört, ist mir bewusst. Aber dass es Theorien dazu gibt, ob künstliches Licht für die immer höhere Verbreitung von psychischen Erkrankungen mitverantwortlich ist. Ich habe hier viel Neues gelernt und fand diese Kapitel auch sehr interessant.

Bei diesem Buch handelt es sich um eine Mischung aus autobiographischer Erzählung und Sachtext. Diese Mischung ist immer interessant, aber nie ganz einfach zu verdauen und nie ganz leicht zu lesen. In "Dunkelheit" der Schreibstil stellenweise etwas schleppend - leider vor allem bei den autobiografischen Stellen, die mich besonders interessiert hätten. Diese hätten meiner Meinung nach auch detaillierter sein können. Dass während einer Woche in einer einsamen Hütte nicht viel passiert, ist mir bewusst, aber zumindest ein paar Eindrücke mehr hätte ich mir gewünscht. Immerhin ist so eine Erfahrung nicht alltäglich und eine Woche kann sehr lang sein.

Mein Fazit? Gefiel mir eigentlich ganz gut, aber von den autobiographischen Stellen hätte ich mir mehr Details gewünscht.

Samstag, 27. August 2022

Meine liebsten Buchzitate #100

 1. "Wutschrift. Wände einreißen, anstatt sie hochzugehen" von Pia Klemp, Seite 30

Die Welt ist nicht für Frauen gemacht, weil wir die Unverfrorenheit besitzen, keine Männer zu sein.

2. "Erzählende Affen" von Friedemann Karig und Samira El Ouassil, Seite 356

Wenn sich alles ändert, weil wir sonst alles zerstören, drängt sich die nächste Frage auf: Leben wir eigentlich in einer Utopie oder Dystopie?

3. "A Girl like her" von Talia Hibbert, 16%

Like a fool, he blurted out, “You’re little.” 

She snorted. “You’re disgracefully tall. What’s your point?” 

“Disgracefully?” 

“It’s indecent,” she said. “You can’t possibly need all that height.

4. "Book Lovers" by Emily Henry, Seite 6

That's the thing about women. There's no good way to be one. Wear your emotions on your sleeve and you're hysterical. Keep them tucked away where your boyfriend doesn't have to tend to them and you're a heartless bitch. 

Mittwoch, 24. August 2022

Wie man die Zeit anhält [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Notiz an mich selbst: Schreibe in Zukunft die Rezensionen zu allen Buchclub-Büchern vor dem abschließenden Treffen dazu. Du kannst das Buch danach nicht mehr nur nach deinem Geschmack bewerten. Die Einwände aller anderen Mitglieder beeinflussen deine eigene Meinung dazu. Du machst dir das Leben dadurch nur selbst schwerer...

Was bei diesem Buch besonders spannend war, ist, wie unterschiedlich es von uns wahrgenommen wurde. Naja, eigentlich finde ich das bei allen Buchclubbüchern spannend. In der Gruppe kommen Menschen mit ganz unterschiedlichen Buchgeschmäckern zusammen und allen fällt etwas anderes auf. Beispielsweise bewerteten wir die Ausgangssituation ganz unterschiedlich: Während es ein Teil der Gruppe schrecklich fand, so langsam zu altern, wie es hier der Protagonist tut, fanden andere diese Idee gar nicht so abstoßend. Während einige es voll und ganz nachvollziehen konnten, dass sich der Protagonist nach seinen Erfahrungen mit der katholischen Kirche und der Hexenverfolgung isoliert, hielten es andere (unter anderem ich) für eine viel bessere Idee, wenn sich die langsam alternden Menschen (und vielleicht auch ihre Angehörigen) zusammenrotten würden und zusammen eine eigene, kleine Parallelwelt aufbauen würden. Warum will man denn auch bitte so unbedingt Teil einer Welt sein, wenn man einfach nicht zu dieser Welt passt? Vor allem, wenn man seine Zeit genauso auch mit Menschen verbringen könnte, die zumindest in manchen Aspekten gleich oder sehr ähnlich sind wie man selbst? Ja, ich kann es schon versteht, wenn ich die Erfahrungen des Protagonisten bedenke, aber ich denke, dass bei einem Dorf der Fast-Unsterblichen inmitten einer sterblichen Welt eine interessantere Geschichte entstanden wäre.

Und eine interessantere Geschichte, die hätte es meiner Meinung nach gebraucht. Ich hatte hier vor allem das Problem, dass der Protagonist zwar so viele Geschichten aus seinem Leben erzählt, aber wir nur wenige wirklich miterleben dürfen. Dafür erfahren wir viel über seinen aktuellen Alltag als Lehrer. Tut mir leid, aber im Vergleich zu Expeditionen auf Entdeckerbooten, Treffen mit den Fitzgeralds oder einer Zusammenarbeit mit Shakespeare ist das meiner Meinung nach einfach langweilig. Und auch die Liebesgeschichte, die sich zwischen ihm und einer anderen Lehrerin entwickelte, machte das Ganze meiner Meinung nach nicht spannender. Vor allem, weil hier sehr stark das Klischee der unsterblichen wahren Liebe bedient wird. Der Protagonist hatte nämlich vor Ewigkeiten eine andere Beziehung und eine Familie mit einer Frau, die er in der Zwischenzeit an den Tod verloren hat. Sorry, aber sowas halte ich einfach für nicht glaubwürdig. Vielleicht höre ich mich jetzt an, wie ein gefühlsloser Mensch, aber sollte man innerhalb mehrerer Jahrhunderte nicht irgendwann wieder selbst zu leben (und zu lieben) beginnen, auch wenn ein lieber Mensch verstorben ist? Ich habe allerdings auch noch nie einen Partner auf diese Art verloren, widersprecht mir also bitte einfach, falls ich hier Schmarrn schreibe. Nachvollziehbarer fand ich die Tatsache, dass sich der Protagonist immer noch auf der Suche nach seiner Tochter befindet, die wahrscheinlich ebenfalls nur sehr langsam altert. Aber auch auf dieser Handlungsebene passierte leider nicht viel. Er denkt viel über seine verschollene Tochter nach, von einer aktiven Suche bekommen wir als Leser:innen aber leider nicht viel mit.

Mein Fazit? Nun, dieser Roman hat für viele Diskussionen und für Gedankenspiele innerhalb der Gruppe gesorgt. Es handelt sich bei diesem Text meiner Meinung nach leider aber um einen der eher schwächeren Texte von Matt Haig.


Sonntag, 21. August 2022

Vergiss mein nicht

 

Quelle: Verlag

Als Kind habe ich Kerstin Gier immer gerne gelesen. Vor allem die Welt von "Silber" hat mich in ihren Bann gezogen. Als "Vergiss mein nicht" angekündigt wurde, habe ich lange überlegt, ob ich dieses Buch lesen soll. Immerhin bin ich in der Zwischenzeit doch etwas älter geworden und ich wollte mir die Erinnerung an die Bücher der Autorin nicht kaputt machen, falls mir dieser neue Roman dann nicht gefällt. Dann hat meine Neugierde aber doch gesiegt und ich habe mir dieses Buch gekauft.

Tja, was soll ich sagen? Ich habe keine Sekunde bereut, dass ich den Roman gekauft habe. Das Lesen hat mir einfach Spaß gemacht. Ich wollte immer weiter in die Welt der Protagonisten eintauchen, sie Stück für Stück weiter kennenlernen und all die kleinen Details entdecken, die Kerstin Gier in dieser Geschichte versteckt hat. Als der zweite Teil im Nachwort angekündigt wurde, habe ich gejubelt. Informationen dazu habe ich bisher zwar noch keine gefunden, aber ich bin mir sicher, dass ich es herausfinden werde, wenn es dann so weit ist.

Die erste Protagonistin ist Matilda und ich habe ihre Kapitel besonders genossen. Sie ist das "Problemkind" einer streng katholischen Familie, obwohl sie eigentlich ziemlich zahm ist. Einfach nur, weil sie nicht wirklich daran interessiert ist, den Glauben ihrer Familie in diesem Maß auszuleben, wie diese es tut. Der zweite Protagonist ist Quinn. Er liebt Parkour, aber dann hat er gleich zu Beginn des Buches einen schlimmen Autounfall, den er nur knapp überlebt und ist danach an den Rollstuhl gefesselt. Und zusätzlich scheint auch sein Gehirn in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein (seine Worte, nicht meine), denn plötzlich sieht und hört er Dinge, die eigentlich nicht da sind, nicht da sein können. Dass plötzlich Matilda vor seiner Tür steht (die er in der ersten Sekunde mal wieder für ihre schreckliche Cousine Louisa hält), ist ihm zuerst gar nicht recht. Doch dann wird ihm bewusst, dass sie ja seinen Rollstuhl schieben könnte und er so eher herausfinden kann, was mit ihm passiert. Und so beginnt für dieses Team wieder Willen ein Abenteuer, mit dem sie so nicht gerechnet haben....

Mein Fazit? Habe ich sehr gerne gelesen. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil!

Donnerstag, 18. August 2022

Die Hände des Louis Braille [Abgebrochen]

Quelle: Verlag
 

Dieses Buch war eines der ersten, die wir im Buchclub gelesen haben und leider konnte ich damit nicht viel anfangen. Wie im Titel schon sichtbar wird, geht es hier um Louis Braille, den Erfinder der gleichnamigen Blindenschrift. An sich ein super spannendes Thema, über das ich sehr gerne mehr erfahren hätte.

Und auch mein erster Eindruck vom Buch war positiv. Das Papier ist hochwertig und auf dem Cover ist der Titel auch in Braille aufgedruckt. Ich glaube zumindest, dass da der Titel steht. Ich beherrsche kein Braille, aber ich wüsste nicht, was da sonst stehen soll.

Doch dann begann ich zu lesen und ziemlich schnell entdeckte ich ein erstes Problem: die Schrift. Buchstaben wie zum Beispiel "s" und "t" sind mit einem komischen Bogen miteinander verbunden. Ich weiß gar nicht, wie man das nennt oder wie ich das beschreiben soll. Aber es hat mich irritiert und bis zu meinem Leseabbruch habe ich mich auch nicht daran gewohnt.

Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt. Einerseits ist da Louis Braille. Sein Leben wird chronologisch aufgearbeitet. Wie historisch korrekt das ist, kann ich nicht beurteilen. Die zweite Perspektive spielt in der Gegenwart: Die Witwe Constance schreibt ein Drehbuch über Louis Braille. Diese zweite Art von Kapitel wurde im Stil eines Tagebuchs verfasst.

Ich glaube, dass dieses Buch sehr spannend hätte sein können, wenn nicht Constances Kapitel gewesen wären. Sie langweilte mich zu Beginn, später nervte sie mich dann sogar. Und ich verstehe nicht, warum sie behauptet, ein Drehbuch zu schreiben. Das irritierte mich sehr, denn die Kapitel über Louis Braille waren in Romanform verfasst. Auf mich wirkte das dann nicht einheitlich und nicht konsequent. Wenn Constance schon ein Drehbuch schreiben möchte, sollte das meiner Meinung nach auch in entsprechender Form verfasst sein.

Mein Fazit? Schade, aber das konnte mich nicht überzeugen.

Montag, 15. August 2022

A Girl Like Her [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

Vor Kurzem gab es dieses Buch kostenlos bei diesem einen Internetriesen, den ich nicht mag und den ich deswegen auch nicht unterstützen will. Für dieses eBook habe ich dann aber eine Ausnahme gemacht. Immerhin wird Amazon dadurch keinen Gewinn machen. MUHAHAHA! Und es ist Talia Hibbert. Da kann ich nicht "Nein" sagen!

Das interessante an diesem Buch ist, dass daraus vielleicht bald eine Serie gemacht wird. Eigentlich bin ich kein Serienmensch, aber nochmal: Das ist Talia Hibbert. Das muss einfach gut sein, wenn es von ihr kommt.

Ich warte immer noch auf den Tag, an dem mich diese Autorin mal so richtig enttäuscht. Bisher ist das noch nicht passiert und auch dieses Buch konnte mich wieder begeistern. Wir haben hier mal wieder einen absoluten Traumtypen, eine zynische und enttäuschte Protagonistin, viel Chaos und Diversität. Ruth ist Autistin und ein total liebenswerter Comicbuch-Nerd. Dass sie einen neuen Nachbarn hat, fällt ihr erst auf, als Evan mit selbstgekochtem Essen vor der Tür steht. Als er dann feststellen muss, dass Ruth gar nicht kochen kann, bringt er sie dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen: Sie gibt ihm Nachhilfe im Bezug auf Comichefte, dafür darf er sie durchfüttern.

Und wir bekommen mal wieder alles, was ich an Talia Hibberts Büchern liebe: Wortgefechte, Drama, ordentliche Kommunikation in Beziehungen und viele sehr witzige, aber auch tragische Stellen. Viele liebevoll gestaltete Details. Und eine gute Ausrede, mich in meine flauschige Decke zu hüllen und eine warme Tasse Tee zu schlürfen, während ich die Welt um mich herum ignorierte.

Das einzige, das an diesem Buch echt nicht gut war, ist die Tatsache, dass es in der Prüfungswoche meiner Universität kostenlos zu haben war. Was macht man da also als Büchernerd ohne Geduld? Man redet sich ein, dass die Prüfungen sicher gut laufen werden und bringt seinen eigenen Schlafrhythmus durcheinander, indem man später ins Bett geht und früher aufsteht und so quasi einen Lesemarathon hinlegt. Am Abend habe ich mir dieses Buch runtergeladen, am nächsten Morgen war ich fertig. Und meine Prüfung habe ich trotzdem bestanden (Gott sei Dank!). Früher oder später werde ich mir natürlich auch noch die beiden weiteren Teile der Reihe holen - egal ob ich dafür zahlen muss oder nicht.

Mein Fazit? Großartiger Reihenauftakt, der Lust auf mehr macht!

Freitag, 12. August 2022

Cinderella ist tot [Kurzrezension]

 

Quelle: Verlag

"Cinderella" war eine der Geschichten, die ich als Kind eigentlich gar nicht so gerne mochte. Es war nicht so, dass ich eine richtige Abneigung dagegen hatte, die entwickelte sich dann erst, als mir eine Version in die Hände fiel, in der sich die Stiefschwestern Zehen und Fersen abhackten. Aber ich hatte einfach so viele andere Geschichten zur Auswahl, die mich mehr interessierten. "Rumpelstilzchen" zum Beispiel, oder "Die Hexe und die sieben Fexe" oder "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern".

Ich denke nicht, dass ich irgendjemandem erklären muss, um was es in "Cinderella" geht. Und auf dieses Märchen bezieht sich auch dieser Roman. Nur ist es hier so, dass Cinderella ein echter Mensch war und zum verpflichtenden Idol für jedes Mädchen wurde. Sobald sie 16 Jahre alt sind, müssen alle Mädchen auch den berühmten Ball am Königshof besuchen, wo sie auf ihre wahre Liebe treffen sollen. Was übersetzt so viel heißt wie: Sie werden mit dem höchstbietenden Mann verheiratet, egal wer der Typ ist. Sympathie, Altersunterschied, bisherige Ehen des Mannes - spielt alles keine Rolle. Die Mädchen haben sich ihrem Schicksal zu fügen. Sophia ist eines dieser Mädchen. Schon vor dem Ball möchte sie eigentlich am liebsten mit ihrer besten Freundin weglaufen und irgendwo ein Leben zusammen mit ihr aufbauen. Doch da diese sich weigert, bleibt auch Sophia, obwohl sie weiß, dass sie mit keinem Mann je ganz glücklich sein wird, denn sie will nunmal einfach keinen Mann. Als sie es nicht mehr aushält, ergreift sie während dem Ball die Flucht. Dabei trifft sie auf Constance, eine Nachfahrin einer der bösen Stiefschwestern Cinderellas. Zusammen beschließen sie, dass sich das Königreich ändern muss...

Ich fand die Grundidee total spannend. Über Märchen und die darin präsentierten Geschlechterrollen haben wir an der Uni schon öfter diskutiert. Wie aber kann es funktionieren, auf einem Märchen ein glaubwürdiges Unterdrückungssystem aufzubauen, wie es hier beschrieben wird? Frauen sind hier wirklich gar nichts wert. Sie sind Besitz, Sexobjekt und Gebärmaschine, aber werden nicht als Menschen gesehen und behandelt. Dass sich da irgendwann Widerstand herausbildet, ist für mich total logisch. Der Widerstand, der hier beschrieben wird, war aber leider um einiges schwächer und unstrukturierter, als ich es mir erwartet hätte. Das ist nicht unbedingt ein Kritikpunkt, nur eine Anmerkung, weil es mich überraschte.

Stellenweise fiel es mir leider schwer, Sophias Motivation nachzuvollziehen. Wir begegnen Sophia erst kurz vor ihrem Ball. Zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits fest Gegnerin des Regimes und riskiert ihr Leben allein dadurch, dass sie ihre Gedanken laut ausspricht und auch aus ihrer Sexualität nicht wirklich ein Geheimnis macht. Die Konsequenzen ihres Verhaltens scheinen ihr egal zu sein, auch wenn wir diese von der ersten Seite weg kennen. Wenn sie sich erwischen lässt, wird man sie umbringen oder in ein Arbeitslager schicken. Der Preis, den sie zahlen müsste, wäre also doch sehr hoch. Gerade deswegen wäre es für mich wichtig gewesen, dass ich mehr über den Hintergrund von Sophias Einstellung erfahre und vor allem auch darüber, wie sich die entwickelt hat. Das blieb für mich leider bis zum Ende offen, was ich sehr schade fand. Sophias Handlungen waren für mich deswegen nicht immer ganz verständlich.

Außerdem ist dieses Buch ein Fantasybuch, das keines sein müsste und vielleicht auch besser wäre, wenn die Autorin diese Aspekte weggelassen hätte. Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich das mal über einen Fantasyroman sage! Es ist einfach so, dass die Handlung auch ohne Fantasy funktioniert hätte. Klar, manches hätte man überarbeiten müssen, gerade gegen Ende. Aber ich glaube, dass die Geschichte ohne die "gute Fee" und ohne Magie glaubwürdiger und wahrscheinlich auch spannender wäre.

Mein Fazit? Eine spannende Grundidee, aber leider gibt es in der Umsetzung meiner Meinung nach Schwächen.

Dienstag, 9. August 2022

An meiner Wand ein leuchtend blauer Ozean

Autorin: Sarah Ann Juckes
Erschienen am 18.07.2022
Im cbj-Verlag
ISBN: 9783570166475
Rezensionsexemplar: Ja

Quelle: Verlag

Klappentext:
"Ein chronisch krankes Mädchen, ein Street-Artist – und zwischen ihnen eine ganze Welt

Zwar kann die schwer kranke Alice nicht aufstehen, aber jeden Tag bringt ihr Stream Cast die Welt ins Zimmer. Von den Straßen Tokios bis zu Video-Games-Welten lebt sie die wilden und aufregenden Leben anderer Leute, ohne jemals das Haus zu verlassen. Doch alles verändert sich, als Alice einen neuen Streamer entdeckt.
Rowan ermutigt Alice dazu, nicht nur zuzusehen, sondern selbst die Kontrolle zu übernehmen. Gleichzeitig versucht Rowan etwas vor Alice zu verbergen – und vor sich selbst.
Gemeinsam bauen Alice und Rowan sich eine schönere Welt, doch ihrer beider Geheimnisse drohen sie auseinanderzureißen. Wollen sie wirklich alles riskieren für ihre Liebe?

Eine herzzerreißende und doch hoffnungsvoll lebensbejahende Geschichte über eine unmögliche Liebe für alle Leser*innen von »Drei Schritte zu dir« und »All die verdammt perfekten Tage«."
Quelle: Verlag

Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich an einem einzigen Tag gelesen, während ich parallel etwas ganz anderes gemacht habe. Wann auch immer nur eine winzige Pause bei meiner anderen Aktivität entstand, habe ich wieder ein Kapitel verschlungen. Und ganz ehrlich: Es war gut, dass ich es schnell gelesen habe. Denn sobald ich das Buch für eine Sekunde unbeaufsichtigt ließ, schnappte es sich meine kleine Schwester. Ich befürchte, dass ich diesen Roman so schnell nicht mehr wiedersehen werde.

In diesem Buch wird ein Leben beschrieben, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann. Alice ist chronisch krank. Im Alter von zehn Jahren hat sie sich mit irgendeinem Virus angesteckt, der gerade in der Schule herum war. Doch während es ihren Freundinnen und Freunden schon bald wieder besser ging, blieb Alice krank. In der Zwischenzeit ist das seit mehreren Jahren ihre Realität. Alice kann nicht in die Schule gehen oder ins Schwimmbad. Sie kann nicht auf Geburtstagspartys gehen, sie kann keinen Spaziergang machen und sich noch nicht mal selbst waschen. Selbst sich in ihrem Bett aufzurichten, kostet ihr enorm viel Energie. An einem guten Tag hat sie vielleicht zehn Spoons. "Spoons" sind Energieeinheiten, die ein Mensch zur Verfügung hat. Dieses Wort wird vor allem in der Community der chronisch kranken Menschen genutzt und bezieht sich tatsächlich auf Löffel. Ihr könnt euch das bildlich vorstellen. Während ich als gesunder Mensch eine imaginäre Besteckschublade mit so vielen Spoons zur Verfügung habe, dass ich eigentlich fast nie dazu komme, sie alle aufzubrauchen, hat Alice eben nur so um die zehn Löffel, die sie sich einteilen muss. Verschiedene Aktivitäten kosten ihr unterschiedlich viele Spoons: Sich im Bett aufzusetzten, was in meiner Energiebilanz wahrscheinlich nicht mal aufscheinen würde, kostet ihr beispielsweise einen Spoon. Ein Bad zu nehmen, kostet fünf. Auch das gehört zu den Dingen, über die ich nicht mal nachdenken muss. Während ich aber mit Spoons um mich werfen kann und mich auch dann nicht vor Konsequenzen fürchten muss, wenn ich mich mal richtig auspower, muss Alice stets ihr aktuelles Energielevel im Blick behalten, denn wenn sie über ihre Grenzen geht, bezahlt sie das mit Migräneattacken und Brainfog. Gerade der Brainfog wird in diesem Buch sehr verständlich gemacht, indem an den Stellen, an denen Alice gerade an Brainfog leidet, nur wenige Worte auf einer Seite gedruckt wurden und zwischen diesen Worten viel Abstand herrscht. Das entspricht auch der Beschreibung, die ich zum Thema gefunden habe: Das Denken ist verlangsamt, die Konzentration beeinträchtigt und das Bewusstsein getrübt.

Der einzige Weg für Alice, von der Welt außerhalb ihres Zimmers etwas mitzubekommen, sind Livestreams. Ihre ehemalige Babysitterin nimmt sie nach Tokio mit, ihr Cousin filmt sich dabei, wie er Videospiele spielt und einen Arbeitskollegen ihres Vaters begleitet sie so zum Kickbox-Training. Alice verbringt viel Zeit mit diesen Streams, was für mich gerade zu Beginn des Buchs eine Stimmung erzeugte, die mich fast an einen Science-Fiction-Roman erinnerte. Doch erst bei ihrem neuen Streamer Rowan ist es ihr möglich, auch mit diesem Streamer zu sprechen. Also tut Alice genau das: Sie spricht mit Rowan und bittet ihn darum, Dinge zu tun, die sie aufgrund ihrer Krankheit nicht tun kann. Dass sie krank ist, hält sie allerdings geheim. Und auch Rowan hat Geheimnisse, die er Alice nicht verratet. Kann diese Geschichte gut ausgehen? 


Die Autorin zeigt bei der Beschreibung der Protagonistin und ihrer Krankheit, aber auch bei den anderen schwierigen Themen, die sie anspricht, viel Fingerspitzengefühl. Offensichtlich hat sie viel Recherche geleistet. Zumindest gehe ich davon aus, da ich weder im Buch noch online einen Hinweis darauf gefunden hätte, dass Juckes selbst von einer chronischen Krankheit betroffen wäre.

Mein Fazit? Großartiges Jugendbuch darüber, wie sich ein Leben mit einer chronischen Krankheit anfühlen kann.

Samstag, 6. August 2022

Meine liebsten Buchzitate #99

1. "The Comfort Book" von Matt Haig, Seite 221

There are only open endings in life. And this isn't a curse.

2. "Wutschrift. Wände einreißen, anstatt sie hochzugehen" von Pia Klemp, Seite 25

Flüchtende werden in Europa de facto und de jure kriminalisiert - genau dafür, dass sie flüchten. 

3. "Erzählende Affen" von Friedemann Karig und Samira El Ouassil, Seite 356

Die eigentliche Utopie ist unser Status quo, den wir nur noch mit enormen Aufwand aufrechterhalten. Er ist ein Nicht-Ort, den man nur mit massiver Verdrängung als idealen Nullpunkt begreifen kann. Zu glauben, es genüge, sanfte Veränderungen vorzunehmen, wie sie die "Konservativen" als Rhetoriker des Stillstandes anstreben, also immer nur so viel Bewegung zuzulassen, wie partout nicht zu vermeiden ist, ist eine einzige große Lebenslüge.

4. "A Girl like her" von Talia Hibbert, 4%

As much as Ruth hated to deny her sister anything... "I'm on a deadline, Han."
"You make your own deadlines."
"And I'm a bitch of a boss."

5. "A Midsummer Night's Dream" von William Shakespeare, Seite 16

You have her father's love, Demetrius; Let me have Hermia's; do you marry him. 

Mittwoch, 3. August 2022

Meine liebsten Buchzitate #98

1. "The Comfort Book" von Matt Haig, Seite 160

Your self-worth is not found inside the minds of other people.

2. "Honey Girl" von Morgan Rogers, Seite 126-127

"Weckt mich, wenn wir da sind oder wenn die Welt findet, es wäre Zeit, die Reichen abzumurksen. Mir ist beides recht."

3. "Wutschrift. Wände einreißen, anstatt sie hochzugehen" von Pia Klemp, Seite 14

"Aber die Menschen wollen so was hören. Solche Geschichten bewegen!"

"Es ist Zeit für die Leute zu begreifen, dass es nicht immer darum geht, was sie hören wollen, verdammt!"

4. "Erzählende Affen" von Friedemann Karig und Samira El Ouassil, Seite 102

Man könnte hier eine Brücke zum Subgenre des Splatter-Movies schlagen, Kettenmassaker und so weiter. Aber dies ist ein jugendfreies Buch. Für mehr sinnlose Gewalt lesen Sie bitte das Alte Testament.

5. "Oliver Twist" von Charles Dickens, Seite 271

The doctor seemed especially troubled by the fact of the robbery having been unexpected, and attempted in the night time, as if it were the established custom of gentlemen in the housebreaking way to transact business at noon, and to make an appointment by the twopenny post a day or two previous.