Sex, Alkohol, viel Drama und ein kleines bisschen Eiskunstlauf. In etwa so könnte man "Icebreaker" meiner Meinung nach zusammenfassen. Es geht hier um Anastasia, eine Eiskunstläuferin, und Nate, einen Eishockeyspieler. Nach einem Streich ist eine der beiden Hallen, in denen die jeweiligen Teams trainieren, auf nicht absehbare Zeit unbenutzbar. Deswegen müssen sich die Eiskunstläufer:innen und die Eishockeyteams jetzt eine Halle teilen. Nate ist davon total genervt, immerhin wird sein Team dafür verantwortlich gemacht. Und Anastasia ist genauso sauer, weil sie nämlich unter psychischen Problemen leidet und es sie nervös macht, wenn sich ihr Leben nicht brav an ihren Terminkalender hält - und der wird durch die geteilte Halle ordentlich durcheinandergebracht. Dass die beiden sich ineinander verlieben werden, habe ich zu diesem Zeitpunkt noch für unmöglich gehalten. Aber nein, genau so ist es gekommen - was kein Spoiler ist. Das ist ein Liebesroman, was erwartet ihr?
Nun, was ich nicht erwartet habe, war, wie viel Sex in diesem Buch vorkommt. Ich habe nichts gegen gut geschriebenen Spice. Aber das hier war meiner Meinung nach nicht gut. Es war mir einfach unangenehm, dem zuzuhören. So unangenehm, dass ich teils das Hörbuch vorgespult habe, um mir das nicht komplett anhören zu müssen. Außerdem gab es am Anfang so viele Sexszenen, dass es abgesehen davon so gut wie keine andere Handlung mehr gab. Das finde ich schade, denn gerade der Anfang wäre wichtig gewesen, damit zwischen Nate und Anastasia eine glaubwürdige Beziehung entsteht. Dadurch, dass die aber scheinbar nur auf Körperlichkeit basierte, fehlte mir da die Chemie.
Auch mit dem Alkoholkonsum der Figuren hatte ich so meine Probleme. Ja, sie sind etwa in meinem Alter. Ja, in meinem Alter trinken viele Menschen besorgniserregend viel Alkohol. Aber müssen das auch Buchfiguren tun, die noch dazu Profisportler:innen sind? Alkoholmissbrauch im Sport ist überraschenderweise ein nicht gerade seltenes Phänomen, deswegen hätte ich mir hier an irgendeinem Punkt der Handlung zumindest ein Hinterfragen des Konsums durch die Hauptfiguren gewünscht. Immerhin trinken sie so viel, dass sie sich übergeben, am nächsten Tag keine Erinnerungen mehr haben und Dinge sagen und tun, die sie danach bereuen. Das ist nicht gesund, vor allem dann nicht, wenn jemand auf regelmäßiger Basis so viel trinkt. Und das tun die Figuren hier definitiv.
[Spoiler]
Ein großes Problem hatte ich auch mit dem Ende des Buches. Viele Menschen, egal welchen Geschlechts, wünschen es sich, irgendwann Kinder zu haben. Ich gehöre da dazu. Dass ich irgendwann Kinder möchte, weiß ich schon seit Ewigkeiten und es ist mein Normal. Aber es gibt auch andere Menschen, die keine Kinder haben möchten oder zumindest keine leiblichen, und das ist genauso in Ordnung. Anastasia gehört da dazu. Sie möchte nicht unbedingt Kinder haben, wenn dann nur adoptierte. Was eine Entscheidung ist, die genauso okay und normal ist, wie sie es wäre, wenn Anastasia eigene oder gar keine Kinder würde haben wollen. Dass dann das Happy End dieser Figur so aussieht, dass sie schwanger und glücklich ist, hielt ich zumindest für eine äußerst fragwürdige Entscheidung. Frauen, die sich schon in jungen Jahren sicher sind, dass sie keine Kinder oder keine eigenen Kinder wollen, dürfen sich in unserer Gesellschaft sehr viel anhören. Da herrscht so ein grundsätzliches Misstrauen ihnen gegenüber und das Gesprächsklima ist da sehr schnell sehr herablassend. Diesen Frauen wird abgesprochen, dass sie sich selbst gut kennen und dass sie wissen, welche Entscheidung für sie die beste ist. "Das wirst du dir sicher nochmal anders überlegen", "Du bist noch zu jung! Das kommt noch!" oder "Wenn du dich Sterilisieren lässt, wirst du das irgendwann bereuen" sind da häufige Reaktionen. Bücher wie dieses tragen sicher nicht dazu bei, dass sich dieser Diskurs verändert. Anastasia wollte kein eigenes Kind. Sie wollte eine Karriere als Profisportlerin, die jetzt zumindest vorerst vorbei ist. Trotzdem soll das hier ihr glückliches Ende sein? Das ist für mich nicht glaubwürdig und ich verstehe auch ehrlich nicht, warum sich die Autorin dazu entschieden hat, den Roman so enden zu lassen.
[Spoiler Ende]
Für gut gelungen halte ich die Figuren an sich, egal ob Haupt- oder Nebenfiguren. Die waren genauso sympathisch (oder eben nicht), wie sie die Autorin zeichnen wollte, sie sind mehr oder weniger divers und es machte Spaß, dass ich gerade in der zweiten Hälfte des Buches viel Zeit mit ihnen verbringen durfte. Schön fand ich auch, dass es die Figuren die meiste Zeit geschafft haben, ordentlich zu kommunizieren und dass narzisstischer Missbrauch hier eine Rolle spielt. Ich fand, dass hier viele der Warnzeichen super beschrieben wurden, was vielleicht ein paar der Leser:innen dieses Buches dabei helfen könnte, diese Art des Missbrauchs in ihrem Leben zu erkennen, bevor Schaden angerichtet werden kann, egal ob das jetzt wie bei Anastasia auf beruflicher Ebene oder auf romantischer oder familiärer Ebene stattfindet.
Mein Fazit? Ich mochte die Figuren, aber leider hatte ich mit so einigen anderen Aspekten des Buches zu kämpfen.
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